GlobalEyes TV – jetzt filmen wir mit Kids in Leogane, Haiti

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2 Wochen Port-au-Prince. 2 Wochen auf unserer Filmbase, dem Camp SINEAS. Einblicke in das Leben unserer jungen GlobalEyes TV Workshopteilnehmer. Jedes Kind dieser Welt sollte das Recht haben auf Liebe, auf sauberes Wasser, die Chance zu lernen und sich frei entfalten zu können. Projekte wie die unserer Partnerorganisationen tragen zumindest im Kleinen dazu bei.

Autor*in RESET , 16.03.11

2 Wochen Port-au-Prince. 2 Wochen auf unserer Filmbase, dem Camp SINEAS. Einblicke in das Leben unserer jungen GlobalEyes TV Workshopteilnehmer. Jedes Kind dieser Welt sollte das Recht haben auf Liebe, auf sauberes Wasser, die Chance zu lernen und sich frei entfalten zu können. Projekte wie die unserer Partnerorganisationen tragen zumindest im Kleinen dazu bei. Und nicht wie Vanessa, die schon mit 6 Jahren beide Eltern verloren hat von ihrer Stief-Familie zum Arbeiten missbraucht wird und gedemütigt. Oder nicht wie Ansllo geschlagen werden von Eltern und Lehrern, weil seine Schulnoten schlecht sind.

GlobalEyes TV Film-Workshop in Leogane, Haiti Viele der Eltern waren erst gegen unser Projekt, denn Kreativität zählt für sie nicht. In ihrer Welt aus Armut und Überlebenskampf, was sollen sie auch damit anfangen? Aber dann: Was für ein Erlebnis für die Kids, die Eltern und uns! Ein Kino – mehr Wellblechhütte mit Bühne mitten im Erdbeben Camp, aber ein Kino. Endlich hatten wir einen Stromgenerator, ein Soundsystem organisiert und einen Projektor. Vor dem Kino wartete schon eine riesen Schlange aufgeregter Kids, Eltern, Community Members. Das Kino war völlig überfüllt, als es los ging. Sogar draußen drängten sich noch Mengen – Freude und Spannung in ihren Gesichtern, Lachen. Das Licht ging aus und der erste jemals im Camp SINEAS gedrehte Film lief. Über 500 Stimmen jubelten und freuten sich. Auf der Bühne tanzten unsere Kids bei besonders lustigen Szenen mit. Als der Film über den Mut der Kreolischen Frauen gezeigt wurde, über ihr Leben zwischen Gewalt, harter Arbeit, die Kinder ohne Väter durch’s Leben bringen müssen, schrien hunderte Frauen und Mädchen laut und stolz: „Femmes Creole“. Wir hatten immerzu Gänsehaut. Hoffentlich kam die Botschaft auch bei den Vätern und jungen Männern an. Auch Britta und ich fühlten uns ein wenig wie stolze kreolische Frauen.

9 Filme konnten wir zeigen. Der wohl erste Kino Abend in SINEAS. Unser Wunsch ist, dass die Kids weiter Filme drehen und es regelmäßig Kino Abende geben wird. Wir wollen das Projekt unbedingt fortführen und haben vor Ort Trainer ausgebildet, die die Kids unterstützen werden. Und wir wollen zurückkommen und weiter trainieren. Kreativität und Community Building fördern. Auch die Eltern waren dann übrigens doch sehr stolz auf ihre Kinder und nörgeln bestimmt nicht mehr, wenn die Jugend kreativ ist, statt auf der Straße rum zu hängen.

Am Sonntag dann haben wir uns auf den Weg gemacht – 40 Kilometer die Küste runter nach Leogane. Mit einem Pick-Up vollgestopft mit Gepäck, Essen und uns. Flo auf der Ladefläche eingenebelt von Staubwolken und wie besessen Fotos schießend. Erstmal durch die Slums von Port-au-Prince hindurch. Wo der Müll in großen Haufen am Straßenrand liegt. Dreckiges Wasser fließt über die Straße und die Füße der Marktfrauen stehen darin. Auch die Plastik Utensilien, das Essen und alles, was sie sonst noch verkaufen, liegt in diesem Dreck. Warum sie ausgerechnet dort ihren Markt aufbauen ist uns ein Rätsel.

Durch Zuckerrohrfelder hindurch immer Richtung Westen, auf einer Straße, die das Erdbeben an einigen Stellen regelrecht zerrissen hat. Leogane. Wir haben hier ein eigenes Haus. Unsere Möbel: Ein Tisch, Stühle und ein Bett, das wir Mädels uns teilen dürfen. Den ersten Schock hatten wir, als uns bewusst wurde, dass das einzige Wasser in einem 20 Meter tiefen Brunnen vor sich hindümpelt. Wir haben dann erst mal gelernt, wie man es in einem kleinen Eimer nach oben zieht. Eine für uns gänzlich neue Erfahrung. Nach erstem Fluchtgefühl haben wir uns dran gewöhnt, mit kleinen Büchsen zu Duschen…naja, Sponge Bathing trifft es wohl eher. Strom haben wir dank eines Generators. Dafür werden wir lecker kreolisch bekocht, am Morgen gibt es frisches Kokosnusswasser. Unser Haus steht im Schatten von Bananenstauden und wir haben eine gemütliche Veranda. Flo und Rami sind weiterhin die bevorzugten Opfer der Moskiotos aber wir hoffen alle sehr, weder Malaria, noch Denguefieber oder Cholera zu bekommen.

Am Sonntag habe ich zusammen mit einem mexikanischen Sozialarbeiter ein Waisenhaus besucht. 36 Mädels zwischen 3 und 17 Jahren leben dort. Sie betreiben alles mit Solarenergie, das Wasser wird per Solarstrom aus nem Brunnen gepumpt und dann gefiltert. Die Mädchen sind meist gar keine Waisen. Oft ist die Mama gestorben, aber die Väter können nicht gefunden werden, weil sie die Vaterschaft nie anerkannt haben. Viele Kinder wurden nach einer Vergewaltigung geboren und die Mütter wollten sie loswerden. Wunderschöne Mädchen mir tat es in der Seele zu sehen, dass diese Kinder abgeschoben wurden und nicht geliebt. Jedes Kind sollte das Recht auf Liebe haben. Das Waisenhaus wird von einer sehr resoluten ehemaligen katholischen Nonne geleitet, die der Kirche nun kritisch gegenüber steht. Ihre Liebe ist universell und ihr Mobiltelefon klingelt mit Hare Krishna. Für die Kinder ist es ein Hort in dem sie lernen, Vertrauen finden, Schutz haben.

One day off in Haiti: Strand muss auch mal seinMontag Morgen: Britta, unsere Wassernixe, verordnet uns Strand. Nach einer rumpeligen Fahrt mitten durch ein Flussbett, kleine, ärmliche Dörfer, Staubpisten kommen uns langsam Zweifel auf, ob das der Strand ist, den wir erträumen. In Leogane selbst ist das Meer wegen der ungeklärten Abwässer nicht genießbar. Wir fahren schon seit gefühlt einer Stunde, als sich zwischen den Bananenstauden und Bäumen plötzlich der Blick öffnet auf türkises Wasser, feinsten, goldenen Sandstrand und Palmen. Eintauchen ins paradiesisch frische, klare Meer. Die Seele baumeln lassen und uns in den Wellen sanft schaukelnd treiben lassen. Ein Fischer brät uns frisch gefangenen Red Snapper und Plantain, die frittierten Bananen, nach denen ich süchtig bin. Leider bezahlt Rami den Ausflug mit 3 Seeigel Stacheln im Fuß, aber Bob, einer unserer Übersetzer und Sohn von 2 Chirurgen hat ungeahnte Buschdoktor Fähigkeiten und unterzieht Rami einer Operation, bei der Unmengen Desinfektionsmittel, Antibiotika Salbe aber keine Tränen fließen. Rami zwar blass aber wohl auf.

Workshop-ArbeitNatürlich arbeiten wir auch. Am Nachmittag, wenn die Schule vorbei ist, kommen unsere Workshopkids. Vier Gruppen betreuen wir in Leogane in dieser Woche, 12 Kinder. Die Kids wollen einen Werbespot drehen für haitianische Produkte: Buy Local. Eine Love Story, toughe Mädchen und einen Film über die Cholera, an der auch hier Menschen starben. Die Kids bewegt zum Beispiel, dass die Regierung das Angebot einer japanischen NGO angelehnt hat, kostenlos Filteranlagen für die Stadt zu bauen, die sauberes Wasser garantieren würden. Die Regierung wollte lieber Geld von der Weltbank und die Filter selbst bauen, um Teile des Kredites in die eigene Tasche stecken zu können. Wie soll sich da etwas ändern für die Menschen hier, wenn die eigene Regierung sie lieber an dreckigem Wasser sterben sieht?

Wir lernen in Haiti so viel und bekommen so viel zurück. Brittas neueste Idee: Die Kids drehen einen Film über Mülltrennung und Vermeidung. Denn hier fliegt wirklich alles überall rum. Die Ideen für unsere Rückkehr vielleicht sogar mit deutschen Kids stehen. Gerade sitzen wir auf der Veranda, Rebel spielt Guitarre – es ist warm, die Grillen zirpen. Wir halten euch up & Tuned.

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