Forscher erzeugen durch künstliche Photosynthese einen Kraftstoff aus CO2

Labortechniker waren in der Lage, die Prozesse, die in den Blättern von Pflanzen ablaufen, künstlich zu reproduzieren.

Seit einer halben Milliarde Jahre erzeugen Pflanzen ihre eigene Solarenergie. Jetzt holt die Menschheit bei der Nachbildung photosynthetischer Prozesse auf.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Mark Newton, 03.06.19

Chemikern der University of Illinois ist es gelungen, den Prozess der Photosynthese im Labor künstlich nachzubilden. Ihre Forschung hat es ermöglicht, aus der Kombination von Wasser, Licht und Kohlendioxid flüssigen Kraftstoff, wie etwa Propan, herzustellen. Die Forscher beabsichtigen, die Pflanzenwelt noch weiter nachzuahmen: Sie wollen eine Substanz produzieren, die es ermöglicht, Sonnenenergie effizient zu speichern – ähnlich wie bei Pflanzen.

Pflanzen nutzen Sonnenlicht, um die chemische Reaktion zwischen Wasser und Kohlendioxid, den anderen Primärressourcen der Flora, voranzutreiben. Diese Reaktion führt letztendlich zu energiereicher Glukose, mit der die Pflanze ihre verschiedenen Funktionen erfüllt und wachsen kann. Prashant Jain, Chemieprofessor und Mitautor der im Nature Communications Journal veröffentlichten Studie,  wollte diesen Prozess mithilfe der modernen Wissenschaft reproduzieren. Ziel seines Teams war es, den gleichen Grünlichtbereich des sichtbaren Lichtspektrums zur Synthese von Wasser und Kohlendioxid zu nutzen und flüssige Kohlenwasserstoffe – bzw. einen Kraftstoff – herzustellen. Jain erklärte:

„Ziel ist es, komplexe, verflüssigbare Kohlenwasserstoffe aus überschüssigem CO2 und anderen erneuerbaren Ressourcen wie Sonnenlicht zu erzeugen. Flüssige Brennstoffe sind ideal, weil sie einfacher, sicherer und wirtschaftlicher zu transportieren sind als Gas und weil sie aus langkettigen Molekülen bestehen und mehr Verbindungen aufweisen – was bedeutet dass sie Energie konzentrierter bündeln.“

Um dies zu erreichen, mussten Jain und Co-Autor Sungju Yu (siehe Bild oben) auch die Elemente reproduzieren, die die Photosynthese innerhalb der Pflanzenwelt ermöglichen. Insbesondere musste ein Ersatz für Chlorophyll – das natürliche Pigment, das das Sonnenlicht aufnimmt – gefunden werden. Das Team der University of Illinois entschied sich hierbei für elektronenreiche Goldnanopartikel: Das Metall wirkt als Katalysator, der das Sonnenlicht absorbiert und die chemische Reaktion erleichtert. Gold erwies sich als besonders wirkungsvoll, da es Sonnenlicht gut absorbiert, sich nicht im Laufe der Zeit abbaut und mit Kohlenstoffmolekülen positiv reagiert. Das Ergebnis des Ganzen war ein verwertbarer Flüssigkraftstoff.

Das Energiepotenzial dieses Kraftstoffs könnte natürlich mit der herkömmlichen Methode – durch Verbrennung in einem Motor – freigesetzt werden. Dies würde jedoch letztendlich dazu führen, dass noch mehr Kohlenstoff produziert wird, was den Sinn des Projekts zunichtemachen würde. Vielmehr geht das Team davon aus, dass der Kraftstoff für den Betrieb von Brennstoffzellen im Zusammenhang mit Solarenergie verwendet werden könnte. Jain erklärte weiter:

„Es gibt noch andere, unkonventionellere Einsatzmöglichkeiten durch die aus diesem Prozess entstehenden Kohlenwasserstoffe. Sie könnten für den Betrieb von Brennstoffzellen zur Erzeugung von elektrischem Strom und Spannung verwendet werden. Es gibt auf der ganzen Welt Labore, die erforschen, wie die Umwandlung von Kohlenwasserstoff in Strom effizient durchgeführt werden kann.“

Darüber hinaus könnten solche künstlichen photosynthetischen Prozesse zu einem wichtigen Element der CO2-Abscheidungstechnologie werden, einem Pionierfeld, das den aus industriellen Prozessen freigesetzten Kohlenstoff wieder in Kraftstoff umwandeln will. Verschiedene Ansätze wurden bereits erprobt, um dies zu erreichen, aber im Kern verfolgen sie den gleichen Prozess: die Kombination von Kohlenstoff mit Wasserstoff zur Herstellung von Kohlenwasserstoffen.

Es könnte jedoch noch eine Weile dauern, bis wir künstliche Bäume an den Straßen sehen und Kohlendioxid in grüne Energie umwandeln. Obwohl das Team von Jaim nachgewiesen hat, dass der Prozess funktioniert, ist er derzeit viel zu ineffizient, um sofort in der Praxis eingesetzt zu werden. So müssen beispielsweise die Metallkatalysatoren, die im synthetischen Prozess eingesetzt werden, auf ihre Wirtschaftlichkeit hin optimiert werden.

Das Team der University of Illinois ist übrigens nicht die einzige Forschungseinrichtung, die sich von der Pflanzenwelt inspirieren lässt. Im Jahr 2017 verkündete ein deutsches Forschungszentrum ebenfalls Fortschritte bei der Entschlüsselung der Geheimnisse der Photosynthese, wenn auch in kleinem Umfang.

Die Natur ist der Menschheit also vorerst noch weit voraus, wenn es darum geht, die Kraft der Sonne als Kraftstoff zu nutzen. Wichtig ist aber, dass wir aufholen.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

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