Flying High: Könnten Drohnen öffentliche Services in unseren Städten revolutionieren?

Eine britische Innovationsstiftung hat genauer unter die Lupe genommen, ob Drohnen einen wirklichen Beitrag zur Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur leisten  – und mit den fliegenden Helfern auch noch Kosten gespart werden.

Autor*in Mark Newton, 27.09.18

Bei der Diskussion über technologische Innovationen gibt es immer einen Begriff, das sprichwörtlich über allen anderen schwebt: Drohnen. Im Gegensatz zu sich schnell entwickelnden Innovationen wie künstliche Intelligenz oder Blockchain sind Drohnen ein physisches Stück Technologie, mit dem die meisten von uns schon direkten Kontakt hatten.

Vor diesem Hintergrund hat die britische globale Innovationsstiftung Nesta mit Flying High eine spezielle Fallstudie gestartet, die den wahren Nutzen von Drohnen für unser modernes urbanes Umfeld aufdecken sollte.

Die in diesem Sommer online veröffentlichte Studie untersuchte fünf britische Städte und Regionen – London, die West Midlands, Preston, Bradford und Southampton – genauer, um die Bedürfnisse, die Infrastruktur und die Problemgebiete an verschiedenen Standorten genau zu bewerten.

Drohnen für´s Gute?

Flying High beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Einsatz von Drohnen für öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser, Feuerwehr und Verkehrskontrollen, aber auch der Rolle von Drohnen in der Bauindustrie. Der Einsatz von Drohnen durch die Privatwirtschaft – zum Beispiel als Lieferfahrzeuge für kleine Pakete – blieb weitgehend unberücksichtigt, da man sich auf ein Einsatzgebiet konzentrieren wollte, das eine höhere öffentliche Unterstützung bewirkt. Drohnen sind nicht unumstritten, da die Technologie häufig mit Themen wie Überwachung, unbemannte Kriegseinsätze, Lärmbelastung, Flugsicherheit und der Beseitigung traditioneller Arbeitsplätze in Verbindung gebracht wird. Nesta hingegen wollte zeigen, wie Drohnen zum Wohle der Allgemeinheit eingesetzt werden können.

Daher untersuchte Flying High weniger umstrittene Drohneneinsätze wie die unverzügliche Lieferung von medizinischer Ausrüstung an schwer zugängliche Gebiete, die schnelle Sammlung von Informationen am Unfallort und die Überwachung von Baustellenstrukturen und Personal. In all diesen Fällen konnte Flying High feststellen, dass der Einsatz von Drohnen nicht nur die Effizienz dieser Operationen steigerte, sondern auch, wenn sie in großem Maßstab eingeführt wurden, deren langfristigen Kosten senkte. So prognostizierte Nesta beispielsweise, dass die Feuerwehr von Bradford durch den Einsatz von Drohnen statt teurer Hubschrauberflüge die anfänglichen Kosten innerhalb von vier Jahren ausgleichen könnte.

Die Herausforderungen der Zukunft

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Was der Bericht aber auch zeigt: Es gibt noch viele Hindernisse auf dem Weg zum Drohneneinsatz in großem Stil. An erster Stelle sind das technische Fragen. Der Einsatz von Drohnen erfordert ein ausgeklügeltes Drohnenverkehrsmanagement, das die Flugobjekte identifiziert, verfolgt und Fluggenehmigungen erteilt und so die Sicherheit in den Skylanes über den Straßen der Stadt aufrechterhält und mit den Flughafenbehörden interagiert. Derzeit sind solche Verkehrsmanagementsysteme (UTMs), die vor allem von privaten Anbietern bereitgestellt werden, noch zu rudimentär für die anstehende Aufgabe. Der Bericht regt an, dass die Aufsicht über UTMs staatlichen oder staatlich genehmigten Stellen obliegen sollte.

Das vielleicht größte Problem für eine von Drohnen schwirrende Zukunft sind die aktuellen gesetzlichen Vorschriften. Flying High betont, dass es für jeden der untersuchten Anträge eine grundlegende Umstrukturierung der Luftfahrtgesetze geben müsste, einschließlich der Lockerung bestimmter Vorschriften oder zumindest der Gewährung von Ausnahmen. Tatsächlich hindern die Vorschriften Drohnenbefürworter sogar daran, Versuchsflächen für die möglichen Anwendungen ihrer Designs zu schaffen. Derzeit muss jeder Drohnenbetreiber seine Flugkörper direkt im Blick behalten; der Einsatz über lange Strecken oder komplexe Manöver ist damit kaum möglich. Darüber hinaus werden die meisten Großstädte auch von Flughäfen mit begrenztem Luftraum angeflogen, was den Nutzen von Drohnen in städtischen Gebieten noch einmal einschränken würde. Und Meldungen über Fast-Kollisionen von Drohnen und Flugzeugen tragen ihren Teil dazu bei, dass sich Luftfahrtbehörden nicht veranlasst fühlen, den stark frequentierten Luftraum weiter für unbemannte Fluggefährte zu öffnen.

Der Bericht legt nahe, dass das Vereinigte Königreich im Vergleich zu anderen Ländern, wie den USA, Singapur und verschiedenen EU-Ländern, bei seinem Ansatz zur Drohnenregulierung weit zurückliegt – wie Deutschland übrigens auch. Obwohl dies wahrscheinlich die Innovatoren und Unternehmer von Drohnen ärgern wird, könnte es für diejenigen, die sich mit den Auswirkungen der Drohnen auf die Öffentlichkeit befassen, über die sie hinweggleiten sollen, eine gute Nachricht sein. Im August 2018 kündigte die britische Regierung sogar neue Drohnengesetze an, die ihren Einsatz in bevölkerten und sensiblen Räumen weiter einschränkten. In Deutschland wurden 2017 bereits neue Gesetze erlassen, die vor allem auf eine möglichst hohe Sicherheit im Luftraum und eine Wahrung der Privatsphäre abzielen.

Betrachtet man die Ergebnisse der Flying High-Studie und Entwicklungen in der aktuellen europäischen Gesetzgebung, dann sieht es nicht so aus, als würden wir kurz vor einer „Drohnen-Revolution“ stehen. Denn auch wenn Drohnen wirklich hilfreiche kleine Lufttransporter und -beobachter werden können, so gibt es dennoch viele Hürden zu überwinden. Und anbetracht der teilweise sehr ernstzunehmenden Bedenken ist ein umsichtiger Umgang wichtig, damit Drohnen sinnvoll eingesetzt werden und nicht als Minispione die Privatsphäre und die Sicherheit im Luftraum gefährden. Das Thema bleibt also weiterhin spannend.

Dieser Artikel ist eine Übersetzug von Sarah-Indra Jungblut. Das Original erschien auf unserer englischen Webseite.

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