Essstörungen überwinden: Diese App unterstützt die Therapie

Die App Jourvie hilft Essgestörten, Ernährungsgewohnheiten und Stimmungen zu protokollieren

Ernährungs-und Stimmungsprotokolle sind ein essenzieller Bestandteil von Essstörung-Therapien. Die App Jourvie revolutioniert diesen Therapiebestandteil, indem sie Betroffenen hilft, ihre Daten überall direkt und vor allem diskret zu protokollieren.

Autor*in Laura Wagener, 26.07.17

Magersucht, Bulimie, Binge-Eating-Störung – einer Studie der Krankenkasse Barmer GEK zufolge leiden in Deutschland mindestens 440.000 Menschen an Essstörungen. Die Dunkelziffer dürfte sogar noch deutlich höher liegen, da es zur Symptomatik gehört, dass die Betroffenen entweder kein Krankheitsbewusstsein haben oder aber ihre Sucht verheimlichen. Ein Hauptbestandteil der Therapie gegen krankhaftes Essen ist das Führen eines Ernährungstagesbuchs. Dafür erhalten Patienten Unterlagen, auf denen sie, möglichst direkt nach dem Essen, ihr Essverhalten und ihre Gefühle beim Essen protokollieren müssen. Auch Ekaterina Karabasheva, Gründerin des StartUps Jourvie, litt zwischen 18 und 20 an Magersucht und sollte während ihrer Therapie das Tagebuch führen.

„Meine Aufzeichnungen bin ich dann mit meiner Psychologin durchgegangen. Doch ich habe oft keine Notizen gemacht, weil ich meine Unterlagen vergessen habe oder es mir vor Freunden unangenehm war.“ so Karabasheva in einem Interview mit dem Online-Magazin Gründerszene.

Und mal ehrlich: wer zückt schon gerne im Restaurant, beim Mittagessen mit Kollegen oder Freunden oder vor der Familie, die von der Essstörung nichts weiß, einen großen Bogen Papier zum Protokollieren von Mahlzeit und Gefühlen? Die gebürtige Bulgarin nahm sich dem Problem im Rahmen ihrer Masterarbeit dem Problem an und entwickelte mit Jourvie eine App, mit der die NutzerInnen nicht nur ihr Essverhalten und ihre Stimme protokollieren können, sondern die zudem Motivation in schwachen Momenten gibt und die gesammelten Daten an den behandelnden Arzt überliefert.

Jourvie als begleitendes Tool bei der Behandlung von Essstörungen

Genau wie auf dem alten Format auf dem Papier protokollieren die NutzerInnen von Jourvie alle therapierelevanten Informationen ihres Essverhaltens. In wenigen Klicken werden in der App Ort, Zeit, Begleitpersonen, Hunger- und Sättigungsgefühl festgehalten und auf Wunsch an Arzt oder Ärztin oder TherapeutIn übermittelt. Gerade bei der Hauptrisikoklasse, den Kinder und Jugendlichen, dürfte das diskrete Protokoll dafür sorgen, dass das Protokoll tatsächlich geführt wird. Dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) des Berliner Robert Koch-Instituts zufolge zeigt statistisch gesehen jeder fünfte Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren Symptome einer Essstörung. Mädchen sind dabei deutlich anfälliger für die Krankheit als Jungen.

© Felix Strosetzki | Jourvie Fast alle jungen Menschen verfügen über ein Smartphone. Mit Jourvie können sie Essprotokolle diskret und direkt anlegen

Betteke van Noort, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Psychologin an der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Charité Universitätsmedizin Berlin, bestätigt: „Die Smartphone App vereint essentielle Therapieelemente, was eine praktische und geeignete Lösung für Menschen mit Essstörungen darstellt. Besonders technikaffine Jugendliche und junge Erwachsene profitieren von solchen digitalen Therapiewerkzeugen.“

Die Jourvvie-Gründerin betont, dass die App eine richtige Therapie auf keinen Fall ersetzen kann, sie aber sinnvoll begleiten kann. Ihre Meinung wird von Ärzten der Charité sowie der AOK Nordost geteilt, die die App zwischenzeitlich bei in Essstörungstherapien empfehlen. Jourvie gibt es zum Download für Android und iOS Betriebssysteme.

Hintergrund zu Essstörungen

Die Gründe für das krankhafte Beschäftigen mit Essen und dem eigenen Körper sind vielfältig: Essen dient bei Essstörungen beispielsweise als Ventil für nicht verarbeitete Trauer, Leistungsdruck, Stress oder Minderwertigkeitsgefühle im Vergleich mit subjektiven Schönheitsidealen.

Mehr Informationen zu Essstörungen sowie eine erste Beratung erhalten Betroffene und Angehörige beispielsweise bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung oder dem Verein dick & dünn.

 

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