Emergency Eye nutzt Smartphones für bessere Erste Hilfe & Unfallortung

EmergencyEye will Erste Hilfe an Unfallorten verbessern

Wer? Wo? Was? Die W-Fragen beim medizinischen Notruf könnte eine Software bald über Video-Livestream und GPS-Ortung beantworten – und so Leben retten.

Autor*in Laura Wagener, 25.09.18

Verkehrsunfall, Herzinfarkt eines Verwandten oder ein Sturz von der Leiter – es gibt die unterschiedlichsten medizinische Notfälle. Eines haben schwere Notfälle jedoch gemeinsam: schnelle Erste Hilfe-Maßnahmen können mitunter über Leben und Tod entscheiden. Vor allem, weil es auch mal etwas länger dauern kann, bis Rettungshelfer an der Unfallstelle eintreffen. Erste Hilfe ist aus diesem Grund nach dem Strafgesetzbuch sogar gesetzlich vorgeschrieben – dennoch entscheidet sich ein Großteil der Menschen in einer Notlage dagegen, selbst Erste Hilfe zu leisten. Eine Untersuchung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) kam zu dem Schluss, dass nur rund 15 Prozent der Deutschen vor dem Eintreffen des Rettungsdienstes mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen. Der DGAI zufolge sterben allein in Deutschland so jedes Jahr bis zu 10.000 Menschen, obwohl sie durch erste Hilfe Maßnahmen hätten gerettet werden können.

Warum leisten die Deutschen so ungerne Erste Hilfe? Der größte Faktor dürfte sein, dass die meisten das letzte Mal beim Führerschein einen Erste Hilfe-Kurs besucht haben und von der Aufgabe erstzuversorgen schlichtweg überfordert sind. Ein weiteres Problem mit einem Unfall irgendwo auf der Landstraße: wie beschreibe ich dem Notruf, wo wir hier gerade sind? Was, wenn der Rettungswagen ewig braucht und man lange mit den schwer Verletzten alleine gelassen wird?

Diese Probleme will das Tech-Startup EmergencyEye über eine neue Software für Rettungsstellen lösen: Über das Smartphone des Ersthelfers kann die Rettungsstelle schnell orten, wo sich der Anrufer und damit der Unfall befindet. Zum anderen könnten sich die Rettungssanitäter über die Kamera des Handys einen Eindruck von der Unfallstelle und möglichen Verletzungen machen und den Erste Hilfe-Leistenden anleiten.

EmergencyEye: Das Notfallauge am Unfallort

Entstanden ist die Idee zu dem Startup aus einer eigenen Erfahrung: Während eines Frankreichurlaubs verletzte sich Carola Petri, Mutter von Viktor und Frau von Günther Huhle, schwer bei einem Motorradunfall. Weil ihr Mann Probleme hatte, der Rettung zu beschreiben, wo genau sie sich befanden, dauert es ganze 90 Minuten, bis die Sanitäter endlich eintrafen. Zurück zu Hause im Rheinkreis Neuss machte sich die Familie daran, eine bessere Lösung für die Notfallkommunikation zu entwickeln und setzten dabei auf die technischen Möglichkeiten von Smartphones.

Mithilfe der EmergencyEye Software können Notrufstellen über das GPS des Telefons des Ersthelfers dessen Position bis auf 10 Meter genau lokalisieren – vorausgesetzt, der Ersthelfer stimmt dem Zugriff auf sein Telefon zu. Das hilft vor allem dann, wenn Ortsfremde einen Notruf absetzen. Zudem kann sich der Sanitäter über die Videokamera des Ersthelfers per Livestream auch ein genaues Bild vom Unfallort, den Verletzten und möglicher Weise notwendigem Equipment machen. Zu guter Letzt kann der Sanitäter am Telefon den Ersthelfer bei der praktischen Umsetzung der ersten Hilfe unterstützen.

Das Gute an der Technik: Derjenige, der den Notruf absetzt, muss nicht selbst eine Notfall-App installiert haben. Das erhöht auch den Datenschutz, denn die Informationen laufen über keinen externen Drittanbieter. EmergencyEye muss von der Rettungsstelle selbst installiert werden und blendet sich dann beim Anrufer automatisch ein, wenn die Verbindung zur Rettungsstelle hergestellt ist. Dem Anrufer bleibt hier auch immer die Wahl, die Ortung abzulehnen. Die Rettungsleitstelle im Heimatort der Huhles, Neuss, nutzt die Technik bereits erfolgreich. Gegenüber dem Magazin der Süddeutschen Zeitung sagte der Chef der Rettungsstelle, die Technik sei „lebensrettend“.

Familie Huhles/Petri hofft, dass sich die Technik in absehbarer Zeit zunächste hier in Deutschland und anschließend in ganz Europa durchsetzen wird und so viele Menschenleben retten kann. Abschreckend könnten für manche Rettungsleitstellen die Kosten für den Lizenzerwerb der Software sein. Laut Günther Huhle sollen sich diese jedoch auf unter einem Cent pro Bürger belaufen – ein Betrag, der gut investiert scheint.

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