Ein slowenisches Startup will Brennstoffzellen günstiger gestalten

Brennstoffzellen sind vielseitig einsetzbar. Aber um sie wirklich kommerziell zu nutzen, sind sie noch zu teuer. Das Startup Mebius will das ändern – indem es weniger Platin einsetzt.

Autor*in RESET , 03.12.19

Angela Merkel hat kürzlich angekündigt, dass für die notwendige Verkehrswende nicht nur E-Autos gefördert werden sollen, sondern auch Wasserstoffautos. Autos, angetrieben durch Wasserbrennstoffzellen, haben eine Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen hinter sich. Schon in den 60er Jahren waren sich Autokonzerne sicher, dass das Wasserstoff-Auto bald die deutschen Straßen erobern werde. Doch bis heute dominiert der klassische Verbrennungsmotor in der Autoindustrie. Und wer sich individuell und umweltschonend bewegen möchte, der kauft heute wohl eher ein Elektroauto.

Doch E-Autos bringen nicht nur Vorteile mit sich. Wie RESET bereits berichtet hat, sind Lithium-Ionen-Batterien in ihrer Herstellung alles andere als umweltfreundlich. Es lohnt sich daher durchaus, auch nach Alternativen Ausschau zu halten – wie z.B. nach Fahrzeugen, die durch Wasserbrennstoffzellen betrieben werden.

Betankt werden diese nicht mit Strom oder Benzin, sondern mit Wasserstoff. In der Brennstoffzelle wird der Wasserstoff aufgespalten. Durch eine in der Zelle enthaltene Membran gelangen die Protonen von der Anode zur Kathode. Die Elektronen werden jedoch nicht hindurchgelassen und müssen einen Umweg nehmen. Dadurch wird Strom erzeugt, der das Auto wiederum in Bewegung bringt.

Um diesen Prozess in Gang zu setzen, hat sich Platin bisher als effizientestes Material erwiesen. Doch Platin ist gleichzeitig einer der teuersten Rohstoffe unserer Erde. Und so sind auch die Brennstoffzellen noch sehr kostspielig. Genau hier möchte das slowenische Startup Mebius ansetzen.

Geringere Kosten bei mehr Leistung

Der Projektmanager von Mebius, Jernej Hočevar, erklärt gegenüber RESET: „Wir haben eine neue Methode entwickelt und patentiert, mit der man 75 Prozent weniger Platin verwenden kann.“ Möglich wird dies durch eine besondere Beschaffenheit der Anoden und Kathoden im Katalysator. Anstatt einer gleichmäßigen Platinoberfläche wird diese mit Nanopartikeln übersät. So entsteht mehr Oberfläche, was wiederum mehr Leistung bedeutet. Gleichzeitig haben die Nanopartikel nur an ihrer Oberfläche Platin, ihr Kern besteht größtenteils aus dem wesentlich günstigeren Karbon. Diese Nanopartikel kann man sich vorstellen wie Lungenbläschen, bei denen ebenfalls mehr Oberfläche bei gleichbleibend kleinem Raum möglich ist. „Selbst bei unseren geringen Produktionsmengen von ca. 1.000 Brennstoffzellen im Jahr können wir die Kosten so um bis zu 40 Prozent senken“, heißt es von Mebius.

Das Unternehmen stellt selbst keine Autos her, sondern beliefert Autofirmen weltweit mit seinen Brennstoffzellen. Die Kund*innen und auch der wissenschaftliche Austausch, z.B. mit Forschungsinstituten, sind global. Dennoch war es Hočevar wichtig, sein Startup in Slowenien zu gründen. Schon sein Vater forschte an Brennstoffzellen und schuf so die Grundlage für Mebius. „In Slowenien haben wir Menschen mit einer sehr guten technischen Ausbildung. Und nicht zuletzt ist die Lebensqualität hier sehr hoch“, schwärmt Hočevar.

Brennstoffzellen für Autos, Handys, Krankenhäuser

Jernej Hočevar sieht viele Möglichkeiten für Brennstoffzellen: „Brennstoffzellen sind überall einsetzbar – in Autos, im Kleinen bei Handys oder auch im Großen für Krankenhäuser.“ So könnte man sein Handy dann nicht mit Strom, sondern mit sogenannten Methanol-Kapseln auffüllen. „Das kann man sich vorstellen, wie das Auffüllen bei Feuerzeugen“, erklärt Hočevar.

Neben den vielen Einsatzmöglichkeiten sieht Hočevar einen besonders großen Vorteil von Brennstoffzellen darin, dass sie nicht auf eine knappe Ressource angewiesen sind, denn „90 Prozent des Universums bestehen aus Wasserstoff“.

Brennstoffzellen – Die besseren Batterien?

Die im Wasserstoff enthaltene Energie wird in der Brennstoffzelle in Elektrizität und Wärme umgewandelt. Somit kann man mit Wasserstoff wesentlich länger Energie speichern als Strom in einer Batterie. Und Brennstoffzellen können häufiger wiederverwendet werden als Akkus – so seien sie umweltfreundlicher. Wasserstoff kann zwar verdunsten, dies dauert jedoch einige Monate und schadet der Umwelt dann auch nicht, weil er sich mit Sauerstoffatomen wieder zu Wasser bildet.

Das Problem liegt jedoch in der Herstellung von Wasserstoff. Dafür werden oft sehr umweltschädliche Methoden eingesetzt, wie zum Beispiel das Reformierungsverfahren. Hierbei wird Wasserstoff mit Erdgas gewonnen. Erdgas ist jedoch ein fossiler Brennstoff und bei dieser Methode entsteht viel CO2. Eine weitere Methode ist die Elektrolyse, wobei mit Strom Wasser unter Spannung gesetzt wird. Dies führt dazu, dass die Wassermoleküle sich in Wasserstoff- und Sauerstoffatome aufspalten. Doch dieser Prozess „benötigt sehr viel Energie“, weiß Dr. Anne Schierenbeck, Professorin für Energiemanagement an der Hochschule Osnabrück. Sie ist daher der Meinung, dass mit der Ressource Wasserstoff sehr sorgsam umgegangen werden sollte. „Wenn möglich sollten wir zunächst Strom verwenden“, fügt sie hinzu und bezieht sich damit vor allem auf den Einsatz von Elektroautos.

Da man für die Herstellung von Wasserstoff so viel Energie benötigt, spricht sich Hočevar auch ganz klar für Atomstrom aus. Dazu muss man wissen, dass fast alle Wissenschaftler*innen in Slowenien für Atomstrom sind, auch, weil Slowenien ein sehr kleines Land ist. Das Hauptargument für Hočevar ist, dass man viel Energie auf wenig Platz herstellen könne und bei dieser Herstellung kein CO2 entstehe. Doch mit Atomstrom entstehen die bekannten hohen Risiken wie das Problem der Lagerung von Atommüll und der Gefahr eines Super-GAUs. Hočevar betont daher, dass Brennstoffzellen vor allem für die Speicherung für Strom aus erneuerbaren Energien sinnvoll wären. Weht mehr Wind oder scheint die Sonne intensiver, kann diese überschüssige Energie direkt dafür genutzt werden, Wasserstoff abzuspalten.

Wegen dieses hohen Energieverbrauchs bringen Wasserstoffautos also ähnliche Probleme mit sich wie Elektroautos. Die Verkehrswende lässt sich insofern nicht allein mit Elektroautos stemmen, auch nicht in Kombination mit Wasserstoffautos. Hier benötigt es eher ein Umdenken vom Individual- auf den öffentlichen Verkehr. Brennstoffzellen könnten jedoch immer wichtiger werden, um überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien zu speichern und diesen umweltfreundlich an wolkigen Tagen oder windstillen Abenden wieder abzugeben. Und mit der Methode von Mebius könnten diese Energiespeicher bezahlbarer werden.

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