Dieser Roboter braucht im Kampf gegen Unkraut 20-mal weniger Herbizide

Der leichte Solarroboter von EcoRobotix verbraucht 95 Prozent weniger chemische Pestizide als herkömmliche Methoden.

KI, Machine Learning und Robotik eröffnen viele neue Möglichkeiten in der Landwirtschaft - die Bekämpfung von Unkraut ist eine davon.

Autor Tristan Rayner:

Übersetzung Tristan Rayner, 03.09.18

Als „Unkraut“ wird oft jede Pflanze bezeichnet, die dort wächst, wo man sie nicht haben will. Tatsächliches Unkraut ist aber enger definiert. Rund drei Prozent aller bekannten Pflanzen – etwa 8.000 Arten – werden als Unkraut bezeichnet. Diese Pflanzen sind für die Landwirtschaft in vielerlei Hinsicht problematisch, weil sie beispielsweise schnell und viel Saatgut produzieren, sich also rapide vermehren, sich außerdem an viele Böden und Ausbreitungsorte anpassen und ihre Samen lange überleben. Natürlich haben viele Sorten Unkraut in der Natur durchaus positive Effekte, indem sie Böden stabilisieren und Lebensraum und manchmal auch Futter für Wildtiere oder Nektar für Bienen bieten. Gleichzeitig kann mnaches Unkraut aber auch giftig oder schädlich für Tiere und Menschen sein. Wissenschaftlern sagen voraus, dass sich durch die globale Erwärmung die Ausbreitung von Unkraut und Schädlingen vermehren wird – was negative Auswirkungen auf die Ernten haben wird.

Unkrautbeseitigung für einen erfolgreicheren Anbau war von jeher ein Thema: vom städtischen Gärtner, der Unkraut aus seinem kleinen Kräuterfeld entfernt, bis hin zum Landwirt, der auf Tausenden von Hektar gegen die unerwünschten Pflanzen kämpft. Die Unkrautbekämpfung in der Größenordnung, wie sie für landwirtschaftliche Nutzflächen erforderlich ist, erforderte (bislang) oft den Einsatz von Chemikalien, die von Traktoren oder sogar von Flugzeugen gesprüht werden. Solche Verfahren sind zwar großflächig, aber wenig präzise: Das versprühte Herbizid kann vom Wind verweht werden, sich auf Nutzpflanzen ausbreiten, die später geerntet werden sollen, oder in den Boden und die Wasserwege gespült werden. Einige Arten von Herbiziden können außerdem zum Zusammenbruch von Bienenvölkern beitragen; eine Katastrophe für die entscheidenden kleinen Arbeiter und natürlichen Bestäuber der Pflanzen.

Moderne und smarte Technologien eröffnen neue Wege in der Unkrautbekämpfung

Einen autonomen Unkrautbeseitiger gibt es z.B. aus dem Hause Bosch. Das innerhalb des Großkonzerns gegründete Startup Deepfield Robotics hat ein Modell entwickelt, um Unkraut korrekt und präzise zu identifizieren – und in Anschluss präzise, mit viel Kraft auf genau diese Pflanzen einzuwirken – was die Unkraut-Pflanzen zerstört und somit ihre Ausbreitung stoppt.

Das US-Unternehmen Blue River Technology, kürzlich von dem Produktionsriesen John Deere übernommen, hat einen Roboter namens See and Spray entwickelt, der mit zwei Kameras und einer Bilddatenbank Unkraut identifiziert. Der Roboter verteilt Mikromengen von Herbiziden auf die identifizierten Pflanzen, minimiert damit das Versprühen auf Nutzpflanzen und kann den Einsatz von Herbiziden laut Unternehmensangaben so um 90 Prozent reduzieren. Das schont die Umwelt und senkt die Kosten für den Erhalt der bestehenden Anbaukulturen für die Landwirte. Die Technologie, die vor allem auf den Anbau von Baumwolle und Sojabohnen zielt, verbessert ihre Präzision durch Machine Learning: Während des Einsatzes werden Bilder aufgenommen und verarbeitet, um die Genauigkeit bei den Sprühstößen zu verbessern.

Das Schweizer Unternehmen EcoRobotix hat einen ähnlichen Ansatz: Ein leichter, solarbetriebener Roboter setzt über seine Arme Mikrodosen von Herbiziden ein, um nach Unternehmensangaben 95 Prozent weniger Chemikalien zu verbrauchen als dies bei herkömmlichen Methoden der Fall wäre. Ausgestattet mit einer Kamera und GPS-Sensoren und betrieben durch Solarmodule kann der per Smartphone gesteuerte Roboter bis zu 12 Stunden lang Unkraut identifizieren und beseitigen. Der Roboter, der aussieht wie ein Tisch auf Rädern, kann etwas mehr als drei Hektar Land pro Tag abdecken.

EcoRobotix kümmert sich derzeit v.a. um Rüben- und Rapsfelder. Ab 2019 soll das Modell auf dem Markt kommen und bis zu 30 Prozent günstiger sein als ein herkömmlicher Traktorstreuer, der sonst zum Einsatz käme. Es besteht also Hoffnung, dass mittels neuer Technologien die Landwirtschaft nachhaltiger gestaltet werden kann. Doch sie sind nicht alleinige Lösung. Auch die schlaue Planung von Fruchtfolgen, bio-dynamischer Anbau und Ansätze wie die Permakultur können dafür sorgen, dass Herbizide nicht benötigt werden.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original wurde zuerst auf unserer englischsprachigen Seite veröffentlicht.

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