Diese indonesische Alternative zu Palmöl wird aus Insekten gemacht

Engagierte Entrepreneure wollen unsere Ernährung nachhaltiger gestalten. Biteback zum Beispiel streicht Palmöl von der Speisekarte – und fügt Käfer hinzu.

Autor Ana Galán Herranz:

Übersetzung Ana Galán Herranz, 16.05.18

„Können Insekten die Welt ernähren?“ Das ist eine gute Frage, denn wir werden schon bald vor die Herausforderung gestellt, etwa neun Milliarden auf diesem Planeten lebenden Menschen mit Nahrung zu versorgen. Und wir wissen bereits von mehr als 2.000 Arten essbarer Insekten, auch wenn Käfer und Co. nie besonders weit oben auf westlichen Speisekarten standen. In anderen Regionen der Welt hingegen, vor allem in Asien, Afrika und Südamerika, ist die Entomophagie, also der Verzehr von Insekten durch Menschen, völlig alltäglich: Laut eines FAO-Reports aus dem Jahr 2013 sind für etwa zwei Milliarden Menschen Insekten bereits Teil ihrer Ernährung – und etwa 1.900 unterschiedliche Insektenarten werden weltweit verzehrt.

Es ist bestens bekannt, dass Insekten nicht nur sehr reich an Proteinen sind, sondern auch essenzielle Fette, Vitamine, Ballaststoffe und Mineralien wie Eisen und Kalzium liefern. Sie könnten eine echte Lösung für eine ausgewogene Ernährung einer dichtbesiedelten Welt sein: günstiger, zugänglicher und natürlich auch weniger umweltschädlich als andere tierische Proteine. Es scheint unvermeidlich, dass Insekten zukünftig Teil auch unserer Ernährung sind. Daher ist es wichtig, dass sich unsere Wahrnehmung von Käfern und Co. als Lebensmittel ändert.

Was, wenn wir Insekten essen könnten, ohne dabei auch nur einen einzigen der kleinen Krabbler in unserem Essen wahrzunehmen; wenn diese also sozusagen getarnt wären? Genau das macht eine Initiative in Guatemala bereits: Sie produziert aus Insekten nahrhaftes Mehl und backt aus diesem dann Brot und Kekse – auf unserer englischsprachigen Seite hatten wir darüber berichtet. Das indonesische Startup Biteback widmet sich einem anderen Lebensmittel: Die beiden jungen Gründer Mush’ab Nursantio und Ifdhol Syawkoni haben ein neuartiges Öl entwickelt – das aus Käferlarven extrahiert wird. Damit verfolgen sie das ambitionierte Ziel, die Palmölproduktion zurückzufahren. Indonesien ist der weltgrößte Produzent von Palmöl, was der Umwelt des Landes enorm schadet: Der Anbau der Ölpalmen ist der Hauptgrund für die massive Abholzung im Land.

„Wir arbeiten daran, unsere Abhängigkeit von Palmöl, das derzeit Hauptbestandteil bei 50 Prozent der verpackten Artikel im Supermarkt ist, zu verringern. Es ist das am häufigsten verwendete Pflanzenöl der Welt und macht 65 Prozent des international gehandelten pflanzlichen Öls aus“, so Mush’ab Nursantio gegenüber Food Tech Connect.

Biteback nutzt zur Produktion von verschiedenen Ölen und Fetten die Larven des Großen Schwarzkäfers (Zophobas morio) – im Englischen wird dieser passenderweise als „Superworm“ bezeichnet. Die aus den Larven gewonnenen Öle und Fette können nicht nur zum Kochen und Backen genutzt werden, sondern auch – genau wie Palmöl – für Kosmetik- und Pflegeprodukte. Dabei ist das Käferöl nicht nur reich an Mineralien wie Eisen, Kalzium und Magnesium, sondern laut der Unternehmenswebsite ist der Ölertrag aus den Larven 40-mal höher als der von Palmöl auf einer gleichgroßen Fläche.

Insekten als Teil einer nachhaltigen Wirtschaft?

Der Produktionsprozess von Biteback folgt den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft: Die zur Ölproduktion genutzten Insekten werden mit den Abfällen verarbeiteter Lebensmittel gefüttert. Das aus ihnen produzierte Öl wird wiederum für die Lebensmittelproduktion verwendet. Und ein Teil dessen kann schließlich wieder als Larvenfutter genutzt werden. Das Startup nutzt jedoch auch alle anfallenden Nebenprodukte, einschließlich der Ausscheidungen der Insekten, die als organischer Dünger genutzt werden können, und des Chitins, mit dem Biokunststoffe hergestellt werden können. Das Hauptaugenmerk des Unternehmens liegt allerdings bislang auf dem Verkauf des Käferöls.

„Wir planen, unser Speiseöl anfangs als Premiumprodukt zu verkaufen, da es noch teurer als alternative pflanzliche Öle ist. Wenn wir unsere Produktion einmal skaliert haben und die Kosten deutlich senken konnten, wollen wir versuchen, den Massenmarkt in Südostasien zu bedienen, wo Insekten bereits jeden Tag gegessen werden“, sagten die Biteback-Gründer weiter gegenüber Food Tech Connect.

Klingt „Insekten essen“ für dich nach der fernen Zukunft? Tatsächlich könnte das auch bei uns sehr viel schneller Wirklichkeit werden als du denkst: Anfang des Jahres trat ein neues Regelwerk der EU in Kraft, nachdem aus Insekten produzierte Lebensmittel auf dem europäischen Markt verkauft werden dürfen.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien auf unserer englischsprachigen Seite.

Genecis macht Biokunststoffe aus Lebensmittelresten

Pommes im Restaurant nicht aufgegessen – ab in die Tonne damit! Oder? Ein kanadisches Startup zeigt, dass es auch anders geht.

Die Milch macht’s! Essbare Verpackungen aus Milchproteinen könnten Plastik ersetzen

Es hält die Ware frischer als andere Verpackungen, ist biologisch abbaubar oder sogar essbar - gemeint ist ein neues Material aus Milchproteinen, das von US-amerikanischen Forschern entwickelt wurde.

Mit Lebensmitteln Lebensmittel haltbar machen

Edipeel ist essbar, unsichtbar und geschmacksfrei – und könnte der nächste große Schritt sein, um die Verschwendung von Lebensmitteln drastisch zu reduzieren.

Bis zum letzten Bissen – essbare Verpackungen aus Algen

Indonesien ist einer der größten Verursacher von Plastikmüll weltweit. Eine Lösung kommt von Evoware: Verpackungen, die nicht nur biologisch abbaubar sind, sondern direkt mitgegessen werden können.

Growing North: Solar-Gewächshäuser in der Arktis

Frische Lebensmittel in die Arktis zu liefern ist sehr aufwändig und teuer. Ein Non-Profit will das Problem vor Ort angehen – mit einem besonderen Gewächshaus.

Labor-Burger – schon bald auch auf deinem Teller?

Weltweit wird immer mehr Fleisch gegessen. Damit verbunden sind u.a. Massentierhaltung, hohe CO2-Emissionen und ein gigantischer Wasserverbrauch. In-vitro-Fleisch könnte eine Alternative sein.

Schnitzel aus dem Bioreaktor? SuperMeat!

Israelische Wissenschaftler haben eine Kultivierungsmethode entwickelt, um echtes Fleisch im Labor herzustellen.

Bump Mark: Ein smarter Sticker gegen Food Waste

Viele Lebensmittel werden weggeworfen, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist. Dabei sind Joghurt und Co. dann oft noch gut. Mit einem Etikett aus Gel könnte diese Verschwendung künftig eingedämmt werden: Bump Mark lässt ertasten, wann Nahrungsmittel tatsächlich nicht mehr gut sind.

Take-Away-Müll vermeiden auf indische Art

Essen zum Mitnehmen ist einfach, schnell und bequem. Und verursacht Unmengen von Müll. Dagegen will das „Tiffin Projekt“ aus Berlin etwas tun – und hat sich Inspiration aus Indien geholt.