Der RESET App-Check: Mit Codecheck herausfinden, was in Produkten steckt

Ihr kennt das: Man steht in der Drogerie und hat die Wahl zwischen 30 verschiedenen Sorten Shampoo. Mindestens. Aber welche Kosmetikprodukte oder Lebensmittel sind ökologisch unbedenklich, welche schädlich für die Gesundheit? Die App Codecheck will Informationen zu sämtlichen Inhaltsstoffen liefern - wie gut sie das macht, haben wir für euch getestet.

Autor*in Lydia Skrabania, 08.09.16

Worum geht es bei Codecheck?

Methylparaben, Cetyl Palmitate, Natriumnitrit, Isobutane – das alles sind Inhaltsstoffe, die man beim Einkauf von Lebensmitteln, Kosmetika oder Putzmitteln möglichst meiden sollte. Aber wer weiß beim Lesen von Inhaltsstoffen schon genau, was warum gesundheitsschädlich oder ökologisch bedenklich ist? Und auch wenn sich die meisten Verbraucher natürlich bewusst sind, dass massenhaft Salz und Fett bei der Ernährung nicht gut tun: Was genau ist „zu viel“? Und wann ist Palmöl als Inhaltsstoff in Ordnung?

Bei solchen Fragen will die App Codecheck auf die Sprünge helfen. Noch bevor Produkte im Warenkorb landen, sollen sich Nutzer der App ein Bild davon machen können, was darin steckt und wie (un-)schädlich oder (un-)bedenklich diese Stoffe sind. Das passiert auf zwei Wegen: Zum einen kann man mit der App die Barcodes der Produkte scannen, wenn man ohnehin gerade im Supermarkt steht. Oder man informiert sich in der Datenbank der App vorab über bestimmte Produkte. Insgesamt deckt die App fünf Bereiche ab: Baby und Kind, Haushalt, Kosmetik, Lebensmittel und „Mehr“ – darin finden sich alle Produkte, die nicht in die übrigen vier Kategorien passen, unter anderem Elektronikartikel, Mode, Tierfutter oder auch Kontaktlinsen.

Die App informiert darüber, ob es kritische Inhaltsstoffe gibt und begründet, weshalb diese gesundheits- oder umweltschädlich oder in anderer Hinsicht bedenklich sind. Darüber hinaus listet sie Alternativen zu problematischen Produkten auf und zeigt auch, falls vorhanden, Gütesiegel und Labels an. Für Kosmetikprodukte und Lebensmittel gibt es einen „Bewertungskreis“, der anzeigt, „ob ein Produkt prozentual mehr positive oder negative Eigenschaften besitzt.“ Bei Lebensmitteln gibt es zudem eine Nährwert-Ampel, die es erleichtert, einzuschätzen, wie gesund das Produkt ist. Denn nur, weil auf kritische Inhaltsstoffe verzichtet wird, muss ein Produkt noch lange nicht unbedenklich sein: Anhand der Ampel kann erkannt werden, ob zu viel Salz, Fett oder Zucker enthalten sind.

Für diejenigen, die auf Gluten oder Lactose verzichten möchten oder aber vegane Produkte bevorzugen, gibt es in der App die Möglichkeiten, diese Präferenzen anzugeben und persönliche Warnungen zu erhalten, wenn ein Produkt in dieser Hinsicht ungeeignet ist. Außerdem gibt es eine News-Sektion, die zu verschiedenen Konsum-bezogenen Themen aber auch zu Umweltschutz und Gesundheit informiert.

Wie nutzerfreundlich ist die App?

Die Nutzung von Codecheck ist ziemlich einfach und selbsterklärend. Über einen Button, der stets eingeblendet ist, kann man den App-Scanner öffnen. Das Scannen der Barcodes hat bei meinen Tests jedes Mal gut funktioniert. Ein wenig umständlicher ist es dagegen, über die Datenbank von Codecheck nach einem Produkt zu suchen, da diese nach eigenen Angaben mehr als 31 Millionen Produkte umfasst. Allerdings kann man seine Suche durch Filterfunktionen stark einschränken und wird so doch einigermaßen schnell fündig. So kann nach bestimmten Marken gesucht oder eingestellt werden, auf welche Inhaltsstoffe man verzichten möchte – bei Kosmetika beispielsweise auf Aluminium.

Die App ist nur mit Internetverbindung nutzbar – das ist eventuell hinderlich, wenn man im Supermarkt steht und nur eine schwache Datenverbindung besteht. Beim Laden von Produktinformationen oder Kategorien hakte die App im Test einige Male. Allerdings konnte dieses Problem durch das Neuladen der Inhalte einfach behoben werden.

Werden nachhaltige Alternativen angeboten?

Der Anspruch der App ist es, für kritische Artikel immer auch Alternativen anzubieten, die gesünder oder umweltfreundlicher sind. Das klappt meiner Einschätzung nach nur vereinzelt. Bei meinen Tests wurden mir häufig Produkte angezeigt, die bezüglich ihrer Inhaltsstoffe sehr ähnlich und entsprechend ähnlich bedenklich oder gar bedenklicher waren. Weshalb diese dann als bessere Alternative vorgeschlagen wurden, blieb dabei leider unklar. Eventuell liegt das an der schieren Masse von Produkten in der Datenbank. Besser klappt die Suche nach Alternativen, wenn man eine Einschränkung eingestellt hat, also z.B. nur nach laktose- oder glutenfreien Produkten sucht.

Ist der Inhalt up-to-date?

Die Datenbank umfasst nach Angaben von Codecheck aktuell 31 Millionen Produkte. Diese wurden „sowohl von der Community erfasst, als auch von Herstellern zur Verfügung gestellt“. Oft sind Produkte zwar erfasst, ihre Inhaltsstoffe bzw. deren Bewertung fehlen jedoch völlig. Bei den beiden Kategorien „Lebensmittel“ und „Kosmetik“ gibt es die umfassendsten Angaben, aber auch hier fehlt ab und zu ein Produkt bzw. Informationen zu den Inhaltsstoffen oder deren Bewertung. Als App-Nutzer kann man fehlende Artikel und -informationen ein- bzw. nachtragen.

Sind die Infos vertrauenswürdig?

Da Produkte und zugehörigen Informationen von der Nutzer-Community, Herstellern oder Shops – mit anderen Worten: von jedem – eingetragen werden können, war für mich fraglich, wie sicher diese Informationen sind. Auf meine Anfrage, ob und wie die Daten verifiziert werden, antwortete das Unternehmen: „Codecheck funktioniert nach dem Wiki-Prinzip: eine aktive Gruppe von Usern erfasst stetig selber Produkte und überprüft die Produktdaten. Außerdem liefern auch Produzenten und Einzelhändler verifizierte Daten an Codecheck. Wenn ein Inhaltsstoff falsch eingegeben oder ausgelassen oder eine Rezeptur überarbeitet wird, korrigiert die Community das in der Regel sehr schnell.“

Bezüglich der Bewertung der Inhaltsstoffe heißt es von Codecheck: „Unsere renommierten Experten wie ÖKO-Test, WWF, AK WIEN oder BUND sorgen für eine ausgeglichene, unabhängige und kritische Bewertung der Inhaltsstoffe.“ Das bedeutet aber natürlich nicht, dass sich oben genannte Experten hingesetzt haben, um jedes der vielen Millionen Produkte kritisch zu bewerten. Vielmehr greift Codecheck auf Datenquellen dieser Institutionen zurück, um die Inhaltsstoffe zu analysieren. Gibt es zwei Bewertungen für einen Inhaltsstoff, z.B. eine von ÖKO-TEST und eine von Greenpeace, greift Codecheck nach eigenen Angaben auf die negativere Bewertung zurück.

Bezüglich der Sortierung bemüht sich Codecheck zwar um Transparenz, kann den eigenen Anspruch jedoch nur zum Teil erfüllen. Vom Züricher Unternehmen heißt es: „Firmen können mit Geld die Position der Produkte nicht beeinflussen.“ Nach eigenen Angaben erfolgt die Sortierung nach der Bewertung (80%) sowie der Verfügbarkeit der Produkte im jeweiligen Land (20%). Zudem können Gütesiegel oder Labels eine Auswirkung auf die Sortierung haben. Da es allerdings nur in den beiden Produktkategorien „Lebensmittel“ und „Kosmetik“ Bewertungen gibt, richtet sich die Sortierung hier nur nach der Verfügbarkeit – keine große Hilfe bei abertausenden von Produkten.

Gibt es Weiteres, das du gerne erwähnen würdest?

Ein großer Kritikpunkt für mich ist, dass Codecheck, das ursprünglich als gemeinnütziger Verein startete, sich über (Banner-)Werbung, Advertorials und Affiliates finanziert. Entsprechende Anzeigen finden sich z.B. in der News-Sektion der Anwendung. Befindet man sich auf der Informationsseite zu einem bestimmten Produkt, ist man auch hier mit Werbung konfrontiert – mal mehr, mal weniger aufdringlich. Außerdem bindet Codecheck hier Affiliate-Links zu Anbietern ein, die das entsprechende Produkt online vertreiben, u.a. Amazon, Edeka, Flaconi oder MyToys. Nichts gegen ein funktionierendes Geschäftsmodell – schön wäre aber eine Alternative zur Werbung. Sicher würden viele Nutzer auch Geld für eine werbefreie App zahlen.

Fazit – installieren oder nicht installieren?

Die App erinnert mit ihren 31 Millionen von sehr gut bis mangelhaft erfassten Produkten oft an eine riesige Shopping-App: In vielen Kategorien kann man zwar Produkte kaufen, erfährt aber nichts über ihre Inhaltsstoffe, Herkunft etc., weil es hier schlicht keine Informationen oder Bewertungen gibt. Für die Kategorien „Lebensmittel“ und „Kosmetikprodukte“ erfüllt die App ihren Zweck jedoch recht gut: Hier findet man in den meisten Fällen die gesuchten Informationen und nützliche Hilfestellungen zu nachhaltigem Konsum.

Wünschenswert wäre – ähnlich wie in der Wikipedia – eine übersichtliche Darstellung, ob die jeweiligen Produktinformationen tatsächlich bereits verifiziert oder veraltete Infos aktualisiert worden sind. Denn kann ich mich auf die Infos nicht hundertprozentig verlassen, wird dadurch der ganze Sinn und Zweck der App in Frage gestellt.

Du willst Codecheck selbst ausprobieren? Es gibt die App kostenlos für Android und für iOS.

Update vom 06.10.2016

Codecheck hat sich uns gegenüber nochmals dazu geäußert, wie die Daten erhoben und verifiziert werden und nimmt Stellung zu unseren Kritikpunkten:

Unsere Com­mu­nity gibt die Anga­ben, die hinten auf einem Pro­dukt auf­ge­druckt sind, in unsere Daten­bank ein und auch Produzenten und Einzelhändler liefern verifizierte Daten an Codecheck. Diese Daten sind mehr oder weniger fälschungssicher – sie stehen ja für jeden sichtbar hinten auf dem Produkt […]. Wer­den diese Daten gespei­chert, erfolgt eine fachlich fundierte (z. B. auf Aussagen vom BUND, Greenpeace oder aktuellen Studien basierende) Bewertung. Wenn ein Inhaltsstoff falsch eingegeben oder ausgelassen oder eine Rezeptur überarbeitet  wird, korrigiert die Community das in der Regel sehr schnell. Außerdem überprüfen auch wir bei Codecheck unsere Datenbank ständig selbst, sind bei der Fülle an Infos aber definitiv auf unsere Community angewiesen.

Weil die EU aber eben nur bei Lebensmitteln oder Kosmetika eine detaillierte Nennung der einzelnen Inhaltsstoffe vorschreibt, ist derzeit auch nur in diesen Kategorien eine Bewertung möglich. Langfristig arbeiten wir jedoch daran, Bewertungen für weitere Kategorien wie Putzmittel oder Elektronik zu erstellen. Daher sind solche Produkte derzeit schon (ohne Bewertung) zu finden.

Dieser Artikel ist Teil unseres RESET-Spezial zu nachhaltigem Konsum. Eine Übersicht aller Artikel zum Thema findest du hier: RESET App-Check: Korrekt einkaufen mit den richtigen Apps.

Und eine Übersicht über noch mehr nachhaltige Apps findest du hier: Grüne Apps – Nachhaltige Handyprogramme für Smartphones.

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