Auf dem Boden der Tatsachen: Der Bodenatlas 2015

Ohne fruchtbaren Boden stehen wir bald vor einem ernsthaften Problem. Das zeigt der Bodenatlas 2015

Bei all der Furcht vor angeblicher „Überfremdung“ scheint mancher vergessen zu haben, wie sehr wir in Europa auf Kosten anderer leben. Der neue Bodenatlas der Heinrich-Böll-Stiftung zeigt, wie stark unser Konsum die Böden rund um den Globus auszehrt.

Autor*in Laura Holzäpfel, 13.01.15

Zum diesjährigen internationalen Jahr des Bodens präsentiert der Bodenatlas Daten und Fakten über den Zustand und die Gefährdung von Land, Böden und Ackerflächen weltweit. Klar wird dabei vor allem eines: insbesondere Europäer verbrauchen mehr Land auf dieser Erde, als ihnen zusteht.

Allein um den Fleischkonsum der EU-Bürger zu decken, werden in Lateinamerika Futtermittel auf Äckern von der Größe Englands angebaut. Über 16 Millionen Hektar müssen Asien, Nordamerika und vor allem Südamerika für unseren Hunger auf Fleisch dafür jährlich bereitstellen. Monokulturen sind dabei nicht nur schlecht für die Böden, sondern auch für die Menschen. Die Errichtung von Plantagen bedeutet in vielen Fällen, dass Wälder gerodet und Kleinbauern und indigene Völker vertrieben werden. Das bedeutet vielerorts: kein Land = keine Nahrung.

Licensed under: All Rights reserved Heinrich-Böll-Stiftung Der Fleischkonsum der EU fordert immer mehr Monokulturen

Auch in anderen Lebensbereichen nimmt sich der Mensch mehr von der Natur, als sie bereithält. Beim Abbau von Metallen finden große Grabungen für einen geringen Ertrag statt. Neue Minen verbrauchen das meiste Land für den Abbau und den Abraum, ebenso für die Infrastruktur einschließlich neuer Verkehrswege, für die Verarbeitung und für die Wohngebäude der Arbeiter. Hinzukommt, dass Rohstoffe zunehmend in ökologisch sensiblen, bisher unerschlossenen Regionen wie der Arktis oder dem Regenwald in Lateinamerika und in Zentralafrika abgebaut werden. So zerstört die Aluminiumproduktion jährlich 300 Hektar Wald am Rio Trombetas in Brasilien. Die der Natur auf diese Art abgetrotzten Rohstoffe werden unter anderem dafür benötigt, immer neue Handys zu produzieren. Wie fair unsere Telefone am Ende dann wirklich noch sind, zeigt der Rank-a-Brand-Report von 2014.

Licensed under: All Rights reserved Heinrich-Böll-Stiftung Wer Rohstoffe fördert, bewegt oft ein Vielfaches ihres Eigengewichts – besonders für die Metalle in elektronischen Geräten

Der Besitz von Boden hat nicht nur ökologisch sichtbare Folgen, sondern auch soziale. In vielen Ländern stellt der Agrarsektor die wichtigste Beschäftigungsquelle für Frauen dar. In Burundi, Ruanda, Niger und Nepal arbeiten mehr als 95 Prozent der erwerbstätigen Frauen in der Landwirtschaft. Problematisch ist dabei die Tatsache, dass Frauen in vielen Ländern kein Land erben dürfen bzw. es ohne Erlaubnis ihres Mannes nicht kaufen oder verkaufen können. Häufig heißt es, dass Frauen von ihren Ehemännern, Vätern und anderen männlichen Verwandten versorgt werden. Aber die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Wird eine Frau geschieden oder stirbt ihr Mann, verliert sie oft Haus und Land.

Licensed under: All Rights reserved Heinrich-Böll-Stiftung Wo Feldarbeit Männersache ist, sind Frauen ausgegrenzt und sollen sich um Haus und Kinder kümmern

Wie rasant wir die Ressourcen unserer Erde verbrauchen, zeigt auch der World Overshoot Day – den hatten wir letztes Jahr übrigens schon im August. Wie viel dabei auch auf unsere Bodennutzung zurückfällt, kann man sich im aktuellen Bodenatlas der Heinrich-Böll-Stiftung noch einmal genauer ansehen. Um dann vielleicht zu der Einsicht zu gelangen, dass wir selbst unser größtes Problem sind.

via: Heinrich-Böll-Stiftung

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