Das Computer-System, dass Cholera-Epidemien erkennt, bevor sie ausbrechen

Die Unicef arbeitet intensiv daran, sauberes Wasser in Cholera-gefährdeten Gebieten zu verteilen.

Ein revolutionäres computer-gestütztes Vorhersagesystem hat geholfen, die Zahl der Todesfälle durch Cholera im kriegsgebeutelten Jemen drastisch zu senken.

Autor*in Mark Newton, 19.09.18

Ein revolutionäres computer-gestütztes Vorhersagesystem hat geholfen, die Zahl der Todesfälle durch Cholera im kriegsgebeutelten Jemen drastisch zu senken.

Der seit 2015 anhaltende Bürgerkrieg im Jemen hat in den letzten Jahren wesentlich zu einer der größten Cholera-Epidemien beigetragen, da als Folge der Auseinandersetzungen die Sanitär-, Abwasser- und Wasserversorgung vielerorts zerstört ist. Laut BBC gab es 2017 über eine Million Fälle von wasserbedingten Infektionen – eine Zahl, die die begrenzten Ressourcen der Helfer vor Ort massiv belastet.

Im Jahr 2018 ist die Zahl der Erkrankungen von rund 50.000 Fällen pro Monat auf rund 2.500 gesunken – dank eines neuen Vorhersage-Systems, das Ausbrüche erkennt, bevor sie überhaupt auftreten.

Bei der Entwicklung hat das britische Ministerium für internationale Entwicklung eng mit dem Wetterdienst Met Office zusammengearbeitet, um ein System zu entwickeln, das wahrscheinliche Ausbruchsstellen vorhersagen kann, so dass Wohltätigkeitsorganisationen und staatliche Institutionen ihre Bemühungen und Ressourcen besser konzentrieren können.

Wie man einen Cholera-Ausbruch vorhersagt

Das Met Office beobachtet mit seinen Satelliten das Wetter im Jemen, um zukünftige Gebiete mit besonders starken Niederschlägen zu lokalisieren. Solche Regengüsse können oft die Kanalisations- und Sanitärsysteme überlasten, was zur Verunreinigung des Trinkwassers und zur Verbreitung von Krankheiten führt.

Diese Informationen werden dann durch ein Computermodell geschickt und mit weiteren Informationen verknüpft. Der Algorithmus, der von Professor Rita Colwell von der University of Maryland und Dr. Antar Jutla von der West Virginia University entwickelt wurde, berücksichtigt zusätzliche Informationen wie Bevölkerungsdichte, saisonale Temperatur und lokale Infrastruktur. Den Menschen vor Ort kann dann eine Liste von Standorten mit hohem Risiko zur Verfügung gestellt werden.

Wohltätigkeitsorganisationen, die im Jemen aktiv sind, wie z.B. Unicef, nutzen diese Daten, um ihre Aktivitäten – Verteilung von Hygienekits, Chlortabletten und Kanistern zur Wasserspeicherung – besser zu steuern. Vielleicht noch entscheidender ist, dass die Mitarbeiter auch lokale Bildungsinitiativen durchführen und grundlegende sanitäre Einrichtungen sowie Ratschläge zur Gewinnung von sauberem Wasser vermitteln. Obwohl ein Großteil der vor Ort geleisteten Hilfe auf altbewährten Methoden basiert, ermöglicht das Computermodell den lokalen NGOs einen wesentlich effektiveren Einsatz dieser Maßnahmen.

Professorin Charlotte Watts, wissenschaftliche Leiterin des Department of International Development, schließt nicht aus, dass auch andere Faktoren, wie lokale Strukturen und Geographie, den Rückgang der Cholera-Fällen im Jemen beeinflusst haben könnten. Allerdings ist die Verringerung nach der Einführung des Vorhersage-Systems so deutlich, dass es eine wichtige Rolle bei der Verringerung der Zahl der Todesfälle und Infektionen durch Cholera gespielt haben muss.

Nun hofft sie, das System weiterzuentwickeln und möglicherweise den Warnzeitraum von vier auf acht Wochen zu verlängern, damit vor Ort robustere Lösungen – wie beispielsweise Impfprogramme – gefunden werden können. Und sie hofft, dass das System auch genutzt werden kann, um andere Krankheiten zu beeinflussen, die ebenfalls mit dem Wetter zusammenhängen, wie Malaria und Denguefieber. Tatsächlich arbeitet ein amerikanisches medizinisches Startup, AIME, bereits an einem solchen System.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut. Das Original wurde zuerst auf unserer englischsprachigen Webseite veröffentlicht.

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AIME ist ein Startup, das seine KI mit gesundheitsrelevanten Daten füttert, um so den Ausbruch von Epidemien im Voraus zu erkennen. Und das recht punktgenau: im Falle von Dengue in einem Radius von 400 Metern.

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