CABIN SPACEY baut Minimalhäuser auf den Dächern der Stadt

Urbaner Holzbau: So sollen die Cabins einmal aussehen.

Eine Stadt auf der Stadt: Zwei Architekten wollen ungenutzte Dachflächen in innovativen Wohnraum umwandeln. CABIN SPACEY im Interview.

Autor*in Lydia Skrabania, 23.11.17

Übersetzung Lydia Skrabania:

Die beiden jungen Architekten Simon Becker und Andreas Rauch wollen das urbane Wohnen neu gestalten und setzen dabei auf ein innovatives und nachhaltiges Minimalhaus aus Holz – das auf den Dächern von Großstädten installiert werden soll.

Im April 2016 haben die zwei ihr Startup CABIN SPACEY gegründet, aktuell bauen sie an dem Prototypen. Das erste Test-Häuschen soll auf einem Berliner Dach stehen. Aber das Team von CABIN SPACEY will weit höher hinaus. Im Interview mit RESET erzählen sie von ihren Visionen, der Zielgruppe für ihre „Cabins“ und davon, wie wichtig Nachhaltigkeit für ihr Konzept ist.

Eure Vision ist eine „Stadt auf der Stadt“, bei der bisher ungenutzte urbane Flächen erschlossen werden. Wie ist bei euch der Status quo?

Genau richtig! Die Stadt ist reif für Innovation und verdient Konzepte, die einer neuen Generation entgegen kommen. Deshalb denkt CABIN SPACEY Wohnraum neu. Da die in Städten gering zur Verfügung stehenden Immobilien den Ansprüchen und Bedürfnissen neuer Generationen nicht gerecht werden, erschaffen wir neuen, innovativeren und flexibleren Wohnraum. Man kann beobachten, dass es nicht mehr ausschließlich auf die Menge an Quadratmetern ankommt, sondern auf das Erlebnis, das Klima, die Aussicht, die Lage und vor allem die Qualität. Unsere Cabins sind ökologische und nachhaltige Minimalhäuser, ausgestattet mit neuester Technologie, die das Leben der Zukunft ermöglichen. Hierbei generiert CABIN SPACEY Flächen, welche bisher ungenutzt bleiben, aber perfekte Voraussetzungen für neue Konzepte bieten. Zum Beispiel die unterschätzten leeren Dachflächen in der Stadt. Dort kann eine Stadt aus neuartigen Konzepten die bestehende Stadt ergänzen!

In Deutschland kann man nicht mal eben so ein Haus bauen – auch kein Minimalhaus. Welche Herausforderungen müsst ihr bewältigen?

Wie bei jedem anderen Haus müssen auch wir einen Bauantrag stellen. Dadurch müssen wir uns auch an Standards halten, welche vorgegeben sind – zum Beispiel bauen wir nach ENEF. Auch bei der Aufstockung bzw. Bebauung von Dächern sind Vorgaben einzuhalten. Hierfür ziehen wir uns Fachkräfte aus unterschiedlichen Bereichen zu Rate. Zuerst muss die Statik der Häuser vermessen und ausgewertet werden. Danach wird ein sogenannter Technik-Layer auf das Dach gebaut, um einen einfachen Anschluss der Cabins zu ermöglichen. Die meisten Herausforderungen sind sehr technisch, aber machbar. Vor allem kooperiert CABIN SPACEY mit starken Partnern, welche uns hierbei unterstützen.

Ihr habt nicht den Anspruch, das Wohnraumproblem zu lösen. Was sind eure Ziele?

CABIN SPACEYS Ziel ist es, wie es Betriebswirte sagen würden, ein Angebot für eine Nachfrage zu generieren. Laut einer Studie wünschen sich 90 Prozent der Millenials mehr Flexibilität im Job sowie privat. Wir werden einfach zugänglichen und flexiblen Erlebniswohnraum erschaffen an außergewöhnlichen Orten für genau jene Menschen. Dafür benutzen wir ein Angebot das bisher ungenutzt bleibt – leere Dachflächen. Die Cabins sind außerdem ökologisch nachhaltig und erzeugen ein angenehmes Wohnklima. Auch hier sind wir überzeugt, dass diese Option noch nicht ausreichend verfügbar, dennoch sehr wichtig ist. Wohnraum kann auch innovativer sein gerade bezüglich neuester Technologie. CABIN SPACEY bedient sich an Systemen, welche uns erlauben digitalen Nomaden neben Wohnraum auch einen Arbeitsplatz zu bieten, welcher ein großes Spektrum an Technologie besitzt, die sie brauchen. Das Konzept kann aber auch erweitert werden und somit werden neue Ziele auf dem Weg immer wieder hinzukommen.

Ihr wollt weg vom Konzept des Besitzens und euch eher an der Sharing Economy orientieren. Wie soll das konkret aussehen und wer könnte in den Cabins wohnen?

Es lässt sich beobachten, dass sich individuelle Werte verändert haben. Vom sesshaft werden, Kompromisse eingehen und Besitztum über zu mehr Freiheit, Unabhängigkeit, Flexibilität und vor allem zum einfachen Zugang zu genau dem, was wir brauchen. Angefangen bei Automobilen, Fahrrädern und anderen Gegenständen bis hin zum Wohnungsmarkt. Wir wollen weitere Anbieter von Minimalhäusern in unsere Buchungsplattform integrieren und somit nicht nur unsere eigenen Cabins anbieten, sondern auch bereits existierende, einzigartige Häuschen in anderen Städten. Wir wissen, dass Menschen den Zugang sowie die Flexibilität mehr schätzen, als das eigentliche Besitztum. Vor allem, wenn man ständig auf dem Sprung ist und von Stadt zu Stadt zieht oder von Zuhause aus arbeitet, hat man mit uns die Möglichkeit, diesem Lifestyle gerecht zu werden. Es sind vor allem Menschen, die ständig auf der Suche nach neuen Erlebnissen sind und einer Gemeinschaft, welche diese Werte teilt. Wir schätzen die hohe Reisebereitschaft von urbanen Nomaden und wollen ihnen einen Einzug in eine neue Stadt so einfach wie möglich gestalten. Das Co-Living als logische Schlussfolgerung des Co-Workings sozusagen.

© Cabin Spacey Dächer sind oft ungenutzte Flächen. Cabin Spacey will sie in Wohnraum verwandeln.

Stichwort Smart Home: Wie intelligent sind eure Minimalhäuser? Welche digitalen Innovationen wollt ihr für die weitere Entwicklung nutzen?

Einen besonderen Fokus setzt CABIN SPACEY auf den einfachen Zugang. Die Cabins sollen über die Buchungsplattform flexibel buchbar sein und per Code auf dem Handy zu öffnen. Die Plattform spielt hierbei eine große Rolle, denn es gibt noch zu wenig Angebot im Bereich des minimalen Wohnens. Diese wird auch die Kommunikation mit den Bewohnern der Cabin erleichtern. Die Verbindung zu allen vorhandenen Sharing-Anbietern soll auch einfach hergestellt werden. Ob man nun ein Fahrrad oder Auto braucht, einen Fitnesspass oder ein Spa – alles über die Cabin dazu buchbar. Es werden viel genutzte Dienste, ähnlich wie Netflix oder Spotify, integriert für eine simple Benutzung im Alltag. Die Cabin wird über eine Konsole oder das eigene Smartphone steuerbar sein, wie z.B. das Licht. Der Verbrauch der Cabin kann somit idealerweise optimiert werden. Wir testen aber auch hier, sobald der Prototyp zum Bewohnen freigeben wurde, wie die konkrete Nutzung aussieht und was eventuell noch erweitert werden muss oder welche Dienste nicht in Anspruch genommen werden sowie welche noch integriert werden müssen.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in eurem Konzept?

Wie bereits weiter oben erwähnt eine Große. Im herkömmlichen Wohnungsbau findet man viele giftige sowie kurzlebige Materialien. Die Isolierung und Belüftung ist teilweise so schlecht, dass sich schnell Schimmel bildet. CABIN SPACEY wird dies ändern! Unsere Cabins sind aus ökologischen Materialien und wir wollen hierbei nicht beim Besteck aufhören. Die äußere Hülle wird aus Vollholz gefertigt und daher können die Cabins eine Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren garantieren. Außerdem werden die verbauten Systeme im Bad sowie die Beleuchtung energiesparend sein. In Verbindung mit der Photovoltaikeinheit auf jedem Dach der Cabin wird durch die Sonne Energie produziert und in die Energieversorgung der Stadt mit eingespeist.

Wie geht es jetzt weiter? Plant ihr beispielsweise einen Minimalhaus-Konfigurator für den internationalen Vertrieb?

Im Moment stecken wir mitten im Bau unseres Prototyps und werden diesen auf ein Dach in Berlin stellen. Sobald das passiert ist, können wir diesen großen Schritt erstmal ordentlich feiern und die Cabin raus an die Öffentlichkeit geben! Im gleichen Schritt wird die Plattform vorgestellt und die ersten Cabins sowie andere Minimalhäuser zum Bewohnen darauf freigeschaltet. CABIN SPACEY beginnt mit Berlin und Deutschland, aber gedacht wird weltweit. Bald soll es möglich sein auch mal während einer Konferenz in Lissabon oder des Projekts in San Francisco in einer Cabin zu wohnen. Die Dachflächen sollen am besten weiter ausgebaut werden und CABIN SPACEY hat da einige spannende Konzepte im Kopf wie z.B. das Dachcafé, den Dachgarten oder das Spa mit Blick auf die Stadt. Wir bleiben gespannt, wie es konkret weitergeht und was uns noch so einfällt. Wir hoffen ihr auch!

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