Batterie aus Bioabfall: Eierschalen werden zum Stromspeicher

Pulverisierte Eierschalen besitzen elektrochemische Eigenschaften.

Wissenschaftler des Helmholtz-Instituts Ulm testeten erfolgreich eine wiederaufladbare Batterie aus Eierschalen.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Mark Newton, 16.05.19

Allein in Deutschland legten im Jahr 2018 rund 47 Millionen Hennen im Schnitt jeweils 291 Eier – also etwa 14 Milliarden Stück! Weltweit kommen jährlich mehr als eine Billion Hühnereiner zusammen. Das Aufschlagen all dieser Eier führt natürlich auch zu einem ganzen Haufen Eierschalen – wovon die überwiegende Mehrheit auf Mülldeponien landet. So werden in den USA jährlich rund 150.000 Tonnen Eierschalen in den Müll geworfen. Neben zusätzlichem Druck auf die Deponien, von denen viele bereits an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, bedeutet der viele Müll auch vermehrte Emissionen durch Müllfahrzeuge. Außerdem wollen viele Deponiebetreiber keine Eierschalen aufnehmen, da deren Membranen Ratten und Ungeziefer anlocken.

Eierschalen sind aber alles andere als nutzloser Abfall: Deutsche Forscher haben kürzlich entdeckt, dass sie sich hervorragend eignen, um Strom zu speichern.

Eierschalen statt Lithium-Batterien

Ein Team des Helmholtz-Instituts Ulm (HIU) fand heraus, dass Eierschalen vielversprechende elektrochemische Eigenschaften besitzen, die sie tatsächlich zu einem idealen und kostengünstigen Lithium-Ionen-Kondensator machen. Die Schalen bestehen zu etwa 95 Prozent aus Calciumcarbonat (CaCO3) sowie proteinreichen Membranen, die oft nur sehr schwer zu entfernen sind. Wenn sie jedoch zu einem Pulver gemahlen werden, können Eierschalen aufgrund ihres hohen Kalziumgehalts Lithium gut speichern. Dieses lithiumreiche Eierschalenpulver wiederum kann mit einem leitfähigen Material gemischt werden, um als Elektrode gegen eine metallische Lithium-Anode in einem nichtwässrigen Elektrolyten verwendet werden zu können – oder mit anderen Worten: als Batterie.

Die Testzelle einer solchen Eierschalenbatterie überstand über 1.000 Lade- und Entladezyklen und behielt eine Kapazität von rund 92 Prozent. Zwar wurden Eierschalenabfälle zum ersten Mal als Elektrode eingesetzt, laut Professor Maximilian Fichtner vom HIU werden aber zunehmend neue technologische Anwendungen für biologisches Material gefunden: „Es gibt überraschenderweise immer wieder neue Beispiele, in denen Naturstoffe gute bis sehr gute Voraussetzungen mitbringen, um daraus Materialien für elektrochemische Speicher herzustellen.“

Das Forschungsteam wird nun weitere Untersuchungen durchführen, um die elektrochemischen Eigenschaften von Eierschalen besser zu verstehen und ihre Leistung zu verbessern. Das Ziel ist es, ein zuverlässiges elektrisches Speichermedium zu entwickeln, das traditionelle Lithium-Batterien ersetzen kann.

Doch Eierschalen sind noch für weit mehr geeignet – man sollte es sich zweimal überlegen, sie einfach in den Mülleimer zu werfen. So geben getrocknete und zerkleinerte Eierschalen ein hervorragendes Düngemittel ab und erhöhen den Schwefel-, Kalzium-, Phosphor- und Kaliumspiegel von Pflanzen. Durch die Zugabe zum Kompost kann das Kalzium der Schalen auch dessen Säuregehalt reduzieren und so die Qualität verbessern.

Eierschalen werden außerdem industriell für eine Vielzahl von Zwecken verwendet, darunter als Lebensmittelzusatzstoffe, Ersatz für Papierzellstoff und in der Pharmaindustrie. Tatsächlich kann man mit Eierschalen bis zu 100 US-Dollar pro Tonne einnehmen.

Die Umweltauswirkungen von Eiern

Allerdings gibt es auch ökologische und ethische Bedenken gegenüber der Industrie, die Eier produziert – und damit auch die Eierschalen. Zum einen werden jedes Jahr mehrere hundert Millionen männlicher Küken geschreddert, da es unwirtschaftlich ist, sie zu erwachsenen Tieren heranzuziehen. Auch wenn ein Großteil dieser geschredderten Küken dann für andere Nutztiere weiterverarbeitet wird, ist dies jedoch auch ein Beispiel für verschwenderische und unmoralische Geschäftspraktiken.

Eine kürzlich von der Universität Oviedo in Spanien durchgeführte Studie untersuchte auch, wie sich die Eierindustrie auf ein breites Spektrum von Umweltfragen auswirkte, darunter „Ozonabbau, Klimawandel, Bodenversauerung, Humantoxizität und Flächennutzung“. Die Forscher fanden heraus, dass das Futter für Hühner in Batteriehaltung zu einer Zunahme der Land- und Wassertoxizität beiträgt. Darüber hinaus werden ältere Hennen oft durch jüngere ersetzt, um die Eierträge zu steigern, d.h. ältere Tiere werden unnötig getötet – was auch zu mehr Abfall führt. Die Studie kam zu dem Schluss, dass eine Erhöhung der Lebensqualität und -dauer der Hennen diese Abfälle und damit letztlich die Umweltbelastung durch Eier reduzieren würde.

Doch es zeichnen sich auch Verbesserungen ab. Obwohl in einigen Ländern wie Spanien noch immer ein sehr hoher Prozentsatz der Legehennen in Käfigen gehalten wird, liegt der EU-weite Durchschnitt bei rund 40 Prozent – eine Zahl, die in den letzten Jahren aus Tierschutzgründen gesunken ist. Darüber hinaus könnten neue Technologien wie DNA-Geschlechtstests dazu beitragen, die Zahl der getöteten männlichen Küken zu verringern und den gesamten Ressourcenverbrauch in Zukunft zu reduzieren.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Website.

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