Anamurs Schildkrötenbabies ohne Schutz

© Uta Mühleis

Aktionsgemeinschaft Artenschutz (AGA) e.V. befürchtet Massensterben junger Meeresschildkröten.

Autor*in RESET , 29.07.09

Am bedeutendsten Eiablagestrand der Unechten Karettschildkröte (Caretta caretta) in der Türkei fehlen dringend benötigte Schutzmaßnahmen. Kurz vor Beginn der Schlupfzeit von zehntausenden kleinen Schildkrötenbabies verhindern die Provinzbehörden den Einsatz freiwilliger Helfer und die Umsetzung eines effektiven Schutzkonzeptes. Doch ohne Schutz werden nur wenige Schildkrötenbabies überleben.

Für den Schutz des etwa 12 Kilometer langen Strandes ist in diesem Jahr nur ein Angestellter der örtlichen Parkverwaltung eingeteilt, um täglich am Strand zu patrouillieren, neue Eigelege zu kartieren und mit einem Schutzkäfig zu versehen. Im vergangenen Jahr konnten die Aktionsgemeinschaft Artenschutz (AGA) e.V. zusammen mit dem türkischen Naturschutz- und Tourismusverein Anamur (AÇED) und der Hilfe von mehr als 40 freiwilligen Helfern aus dem In- und Ausland den Schutz von über 800 Nester und der geschlüpften Jungtiere gewährleisten. Doch in diesem Jahr wurde die Genehmigung für die Umsetzung eines Schutzkonzeptes am Strand von Anamur an unerfüllbare Bedingungen geknüpft und diese dadurch den Naturschutzorganisationen de facto verweigert.

Nach Angaben der Artenschützer sind die bisherigen Aktivitäten der Provinzbehörde und der staatlichen Umweltbehörde völlig unzureichend und der Strand ist in einem katastrophalen Zustand. Schwemmgut und Wellengang haben Schilf, PET-Flaschen und weiteren Unrat zu unüberwindbaren Hindernissen für die Schildkrötenbabies aufgetürmt. „Dies ist ein Desaster für die frisch geschlüpften Meeresschildkröten“ bedauert Birgit Braun von der AGA. „Ohne Hilfe werden hier tausende junge Meeresschildkröten in den Müllbergen am Strand verenden.“

Aus diesem Grund haben freiwillige Helfer von AÇED, AGA, der Parkverwaltung und der Gemeinde auf eigene Faust bereits zwei Strandreinigungsaktionen durchgeführt. „Ohne die offiziellen Genehmigungen sind unsere Möglichkeiten leider sehr beschränkt, aber wir können doch nicht tatenlos zusehen, wie sich hier eine Schildkrötentragödie anbahnt“ erklärt Walter Helbling von AÇED. An großen Bereichen türmen sich aber immer noch oder auch bereits wieder die Müllberge auf.

Besonders empört sind die Artenschützer angesichts der neuesten Entwicklungen, denn nun wurden Genehmigungen an Privatleute ausgegeben, Sonnenliegen und -schirme am Strand fest aufzustellen. Bereits bei der Eiablage hat dies viele Meeresschildkröten daran gehindert, ein Nest zu graben. Das Aufstellen weiterer Schirme gefährdet nun die ungeschützten Nester. Außerdem nimmt die künstliche Beleuchtung am Strand weiter zu und wird die jungen Schildkröten, die sich am Licht orientieren, in die falsche Richtung, weitab vom Meer, lenken.

Als wäre das alles noch nicht genug, hat nun ein neu ins Spiel gekommener Verein nicht nur eine Genehmigung für den Einsatz zum Schutz des Niststrande, sondern dazu auch Fördergelder erhalten. Bisher wurden aber noch keine effektiven Schutzmaßnahmen umgesetzt. „Interessant ist aber, dass der Landrat von Anamur und der Landwirtschaftsdirektor mit dem Verein verknüpft sind“, kommentiert Helbling das Schmierentheater der Behörden. „Eigentlich sollten wir uns aus Protest zurückziehen, aber wir haben ja auch eine Verantwortung für die vielen kleinen Schildkrötenbabies.“ Aus diesem Grund werden sich die AGA und AÇED auch weiterhin nach ihren begrenzten Möglichkeiten zum Schutz der Meeresschildkröten in Anamur einsetzen.

© Benjamin Lucks
Handy-App Klim: Regenerative Landwirtschaft einfach und lukrativ gestalten

In der App Klim können Betriebe Maßnahmen einer regenerativen Landwirtschaft festhalten. Dafür werden sie mit Wissen, einer Community und Geld belohnt.

©
Die Digitalisierung kann die nachhaltige Landwirtschaft voranbringen – unter bestimmten Voraussetzungen

In der Landwirtschaft ist die Digitalisierung längst angekommen. Wie aber zahlen diese Entwicklungen auf den Umwelt- und Klimaschutz ein? Wir stellen Lösungen vor.

Essbare Elektronik: Mit verdaulichen Robotern und nahrhaften Drohnen Elektroschrott reduzieren

Schon mal von essbarer Elektronik gehört? Klingt nach einem Widerspruch, könnte aber - neben anderen Vorteilen - eine Lösung gegen Elektroschrott sein.

Mit Molkenprotein Elektroschrott in Gold verwandeln

Das Recycling von Elektroschrott ist (noch) sehr ineffizient. Könnte ein gängiges Lebensmittelprodukt den Prozess verbessern?

Eine Open-Source-Plattform unterstützt nachhaltige Landwirt*innen

Auch in der Landwirtschaft dominieren große Konzerne das Angebot digitaler Services. Die kostenlose Open-Source-Plattform LiteFarm setzt dagegen auf Kooperation in der Entwicklung - und hat eine nachhaltige Landwirtschaft zum Ziel.

Fraunhofer UMSICHT (Vertikaler Anbau in der SUSKULT-Pilotanlage)
Fraunhofer UMSICHT
Landwirtschaft als Kreislauf verstehen: Gemüse- und Obstanbau mit Nährstoffen aus der Kläranlage

Bei SUSKULT brauchen die Pflanzen keine Erde und die benötigten Nährstoffe stammen aus Kläranlagen. Damit geht das Hydroponik-System völlig neue Wege.

QTrees dashboard
QTrees
QTrees will Berliner Stadtbäume mithilfe von KI besser vor dem Klimawandel schützen

Ein Berliner Projekt setzt auf maschinelles Lernen, um das Monitoring und die Pflege leidgeprüfter Stadtbäume zu erleichtern.

„Die Landwirtschaft kann so viel mehr als Lebensmittel produzieren.“ Interview mit Sonoko Bellingrath-Kimura (ZALF)

In der Landwirtschaft werden vor allem Lebensmittel produziert. Sie kann aber auch zum Schutz von Klima und Natur beitragen. Welche Rolle der Digitalisierung dabei zukommt, darüber haben wir mit Prof. Dr. Sonoko Dorothea Bellingrath-Kimura gesprochen.