Blockchain: Die gerechte Verteilung von Land rückt immer mehr in den digitalen Fokus

Startups, Großfirmen und immer mehr Politiker interessieren sich für blockchainorientierte Vorgänge, um Landbesitzverhältnisse besser zu kennzeichnen. 

Autor*in Felix Dunkl, 24.05.18

Übersetzung Felix Dunkl:

Schätzungen der Weltbank zufolge haben rund 70 Prozent der Weltbevölkerung keine Eigentumsurkunde über ihr Grundstück. Vor allem für Kleingrundbesitzer und Kleinbauern in wirtschaftlich schwächeren Ländern kann dies problematische Folgen mit sich bringen. Das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien berechnete, dass zwischen 2000 bis 2016 insgesamt 26,7 Millionen Hektar Agrarflächen von Investoren gekauft worden sind. Besonders bereits landwirtschaftlich genutzte Flächen in Ländern mit schwachen Landrechten stehen im Fokus der Investoren, vorwiegend in Afrika, dicht gefolgt von Osteuropa. Auffallend ist zudem, dass Investoren überwiegend mit lokalen Bauern in Konkurrenz treten, in Ländern, die bedingt durch Hunger, Armut oder Krankheit, in den Kreis der Weltwirtschaft nur schlecht eingebunden sind. 

Blockchain soll Korruption eindämmen

In Ländern wie Kenia oder Ghana, in denen Landverträge seit Generationen mittels mündlicher Absprache getroffen werden, häufen sich die Vorfälle von mehrfacher Landvergabe. Meist zu Ungunsten der Kleinbauern. Der enorme Einfluss von Kartellen und Investoren und die hohe Rate an korrupten Beamten in Kenia sorgen immer wieder dafür, dass entscheidende Akten in Ministerien unauffindbar bleiben und Kleinbauern durch sogenanntes Landgrabbing von Konzernen ihre Lebensgrundlage verlieren.

Mit dem Ansatz blockchainbasierter digitaler Grundbücher versuchen mehrere Startups, wie beispielsweise BenBen oder Bitland (beide aus Kenia), Landgrabbing zu beenden. Mittels der ausgefeilten Blockchain-Technologie sollen die digitalen Grundbücher so ausgereift werden, dass alle Landdatensätze öffentlich sichtbar sind und nicht mehr gefälscht werden können.  

Bitland hilft außerdem Bauern, ihr Land digital zu kartografieren und zu registrieren. Eine offizielle Registrierung des eigenen Landes würde Kleinbauern dazu verhelfen, leichter an Hypotheken oder Darlehen zu gelangen. 

Technisch sind die Startups auf einem guten Weg. BenBen ist bereits soweit, dass der Ansatz ins Förderprogramm von den Vereinten Nationen aufgenommen wurde. Was den Markteintritt behindert sind jedoch politische Strukturen. Die Organisation Anti-Graft-Watchdog hat das Landwirtschaftsministerium als eines der korruptesten Institutionen in Kenia eingestuft und festgestellt, dass eine Änderung seitens des Ministeriums nur bedingt gewünscht wird.

Skandinavien als Vorreiter

Anders sieht es dagegen in Skandinavien aus. Als eines der wenigen reicheren Länder testet Schweden im sogannnten Lantmänteriet (das zuständige Ministerium für die Landflächenverteilung) ein blockchainbasiertes digitales Grundbuchamt. Mit dem Wegfall der bürokratischen Papierarbeit erhofft sich das Land Einsparungen von über 100 Millionen Euro sowie dem Wegfall von Schreibbfehlern mit verheerenden Folgen. Ob dies als realistisch angesehen werden kann, bleibt fraglich. Immerhin gilt die Blockchain-Technologie als nicht besonders energiefreundlich (beispielsweise hat die Produktion eines Bitcoins denselben Strombedarf wie ein Familienhaushalts in zwölf Jahren). Neben dem Lantmänteriet testen zudem ein schwedischer Telefonanbieter sowie zwei schwedische Banken ebenfalls die Nutzung von blockchainorientierten Lösungen. 

Zwar sprechen auch hier die Anbieter begeistert von ihrem Ansatz, doch rechtliche Hindernisse verhindern, dass dieses Datenbank-ähnliche System vor 2019 eingeführt wird. Die digitale Unterschrift und Signatur, die von beiden Besitzern gegeben werden muss, damit ein Besitzerwechsel des Landes vollzogen werden kann, wird von den Behörden nicht anerkannt. Notare wie Prof. Dr. Maximilian Zimmer, zugleich auch Honorarprofessor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Harz (FH) in Wernigerode, warnt zudem davor, dass mit einem blockchainbasierten Ansatz auch der Schutz des Käufers wegfallen könnte, da dieser Aspekt ebenfalls nicht geregelt ist. 

Die Entwicklung der Blockchain

Anders als in Kenia befürwortet in Schweden allerdings ein prominentes Ministerium die Weiterentwicklung des digitalen und transparenten Grundbuchs. Vorwiegend hat hier vor allem das Finanzamt Interesse und die Hoffnung, dass mit dem öffentlich einsehbaren Grundbuch kein Landbesitzerwechsel unbemerkt am Fiskus vorbei kommt.

Zwar ist das Thema Blockchain in aller Munde, doch bleibt abzuwarten, inwieweit sich diese Technologie vor allem in staatlichen Institutionen durchsetzen wird. Immerhin ist der Kerngedanke der Blockchain die Dezentralisierung von Strukturen und Machtgefügen. Es wird spannend sein zu sehen, ob und inwieweit ein Staat wie Schweden sich letzten Endes darauf einlässt. 

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