Bewässerung mit Luftfeuchtigkeit? Ein super saugfähiges Gel könnte von Dürre geplagten Landwirt*innen helfen

Unter Laborbedingungen hat sich das Gel bereits als wirksam erwiesen.

Ein neuartiges Gel kann Wasser aus der Luftfeuchtigkeit aufnehmen und könnte Landwirt*innen helfen, die mit den Auswirkungen von Trockenheit zu kämpfen haben.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Mark Newton, 07.07.21

Obwohl der Klimawandel in einigen Regionen die Niederschläge drastisch erhöht, führen die Veränderungen in anderen Regionen zu häufigeren Trockenperioden und Dürren. Diese Faktoren, kombiniert mit einer wachsenden Bevölkerung und begrenzten Wasserressourcen, stellen Bäuer*innen weltweit vor große Herausforderungen.

Wie diese Belastungen verringert und das Wachstumspotenzial trockener und arider Böden erhöht werden kann, daran forschen Wissenschaftler*innen an der University of Texas in Austin und sie haben ein neuartiges Gel entwickelt, das in der Lage ist, Wasser aus der Luft aufzunehmen und im Boden zu speichern.

Super Moisture Absorbent Gel fängt Luftfeuchtigkeit ein

Das Gel, Super Moisture Absorbent Gel (SMAG) genannt, besteht aus hygroskopischen Polymeren, die trockenen, sandigen Böden beigemischt werden können, um deren Wasserspeicherung zu verbessern, auch über längere Zeiträume. In ariden Regionen ist die Luft tagsüber in der Regel trocken, doch wenn es nachts abkühlt, steigt die Luftfeuchtigkeit an. Dieses Wasser wird dann von den Gelen aufgefangen und im Boden gespeichert. Da die Gele auch wärmeempfindlich sind, sorgen die steigenden Temperaturen im Laufe des Tages dafür, dass das gespeicherte flüssige Wasser an den Boden abgegeben wird. Ein Teil des Wassers kann auch verdunsten, was die Luftfeuchtigkeit über dem Boden erhöht und die umliegenden Pflanzen kühlt.

Im Jahr 2020 führte das Team Experimente mit den Gelen in künstlich ausgetrockneten und sandigen Böden durch. Ihre Ergebnisse, die in ACS Materials Letters veröffentlicht wurden, zeigten, dass jedes Gramm trockener Boden, der mit dem SMAG vermischt war, bis zu vier Gramm Wasser aus der Luft aufnehmen konnte – wenn er hohen Feuchtigkeitsbedingungen ausgesetzt war. Dies ist etwa doppelt so viel wie bei unbehandelten Böden. Das Experiment wurde auch unter sehr niedrigen Feuchtigkeitsbedingungen durchgeführt, um typisches Trockenland besser zu simulieren. Unter diesen Bedingungen hatte der Boden nach einem Monat Beobachtung 40 Prozent seines ursprünglichen Wassergehalts behalten, während der unbehandelte Boden nur 20 Prozent behielt.

Das Team untersuchte dann, wie gut Pflanzen in diesen Umgebungen tatsächlich wachsen können, und pflanzte Radieschen sowohl in den mit SMAG gemischten als auch in den nicht gemischten Boden. Nach einer ersten Bewässerung keimten die Samen in der mit Gel angereicherten Erde innerhalb von zwei Tagen und wuchsen 14 weitere Tage, bevor sie zusätzliches Wasser benötigten. Währenddessen keimten die Samen in der ungemischten Erde zwar, aber alle Pflanzen waren innerhalb von sechs Tagen verwelkt und abgestorben. Aus diesen Ergebnissen schlossen die Forscher, dass 0,1 bis 1 Kilogramm SMAG-Erde für die Bewässerung eines Quadratmeters Ackerland ausreichen könnte – je nach Kultur.

Der Umgang mit Trockenheit

Die Forschenden hoffen, dass solche Innovationen den Landwirt*innen, die mit immer häufiger vorkommenden Dürren zu kämpfen haben, sowie den umliegenden Gemeinden einen Rettungsanker bieten könnten. Die wasserabsorbierenden Gele könnten eingesetzt werden, um die Landwirtschaft auf trockenere Regionen auszudehnen und die Landwirt*innen weniger abhängig von traditionellen Bewässerungsmethoden machen. Diese erfordern oft große Mengen an Wasser, das dann anderweitig fehlt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung von Wasserknappheit bedroht sind.

Der Trend zur Zunahme von Trockengebieten ist besonders in Afrika, Ost- und Südasien, im Osten Australiens, in Südeuropa und im nördlichen Südamerika zu beobachten. Aber auch traditionell kalte und feuchtere Regionen trocknen aus, darunter Alaska und Westkanada.

Laut einer Studie haben sich die Trockengebiete der Erde seit 1970 verdoppelt, was die Landwirt*innen in den trockeneren Regionen der Welt vor neue Herausforderungen stellt. Wenn es in diesen Regionen regnet, dann oft in Form von kurzen, heftigen Niederschlägen, im Gegensatz zu halbwegs gleichmäßigen leichten und mäßigen Regenfällen. Solche Überschwemmungen können nur kurzfristig für die Bewässerung genutzt werden und bergen zudem das Risiko, die Ernte zu schädigen und die Böden zu übersättigen. Da Trockengebiete 45 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche ausmachen, ist es von entscheidender Bedeutung, sie widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu machen.

Das Gel ist nicht nur auf die landwirtschaftliche Nutzung beschränkt. Vorstellbar ist auch, dass mit dem Gel die Wüstenbildung begrenzt und einige Gebiete wieder begrünt werden könnten. Außerdem könnte es zur Kühlung von Solarpanels für Rechenzentren verwendet werden und den Zugang zu Trinkwasser verbessern.

Allerdings erfordern die superfeuchtigkeitsabsorbierenden Gele noch einiges an Arbeit. Nach dem anfänglichen Erfolg untersucht das Team jetzt, wie andere natürliche Faktoren, wie zum Beispiel Wind, die Fähigkeiten der Gele beeinflussen, und ob sie die Nährstoffflüsse im Boden beeinflussen.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut und erschien im Original zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

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