Attraktivere E-Mobilität durch induktives Laden

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Elektrofahrzeuge, die sich während der Fahrt selbstständig aufladen – was nach Utopie klingt, könnte bald Realität sein und die Elektromobilität wesentlich vorantreiben.

Autor Lana O'Sullivan:

Übersetzung Luisa Ilse, 17.04.23

Das Interesse von Verbraucher*innen an E-Fahrzeugen war zwar schon immer vorhanden, es gab jedoch Zweifel bezüglich geringer Reichweiten, nicht ausreichenden Lademöglichkeiten und den verwendeten Batterien. Aus unter anderem diesen Gründen hat sich die Nachfrage in den meisten Ländern langsamer entwickelt als erwartet. Außerdem scheint es einen Zusammenhang zwischen Bezahlbarkeit und Nachfrage zu geben; in Ländern, in denen die Regierungen finanzielle Anreize geben, wie China und Norwegen, sind die Verkaufszahlen von E-Fahrzeugen weltweit am höchsten.

FAKTEN: CO2-AUSSTOSS IM INDIVIDUALVERKEHR

Der Verkehr war 2019 für rund 25 Prozent der gesamten CO2-Emissionen in der EU verantwortlich. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur entfielen davon 71,7 Prozent auf den Straßenverkehr.

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 im Vergleich zu 1990 um 90 Prozent zu reduzieren.

Doch bei der Umsetzung gibt es Probleme. Der Verkehr ist der einzige Sektor, in dem die Treibhausgasemissionen sogar noch zugenommen haben: Sie sind zwischen 1990 und 2019 um 33,5 Prozent gestiegen.

Pkws sind für 61 Prozent der CO2-Emissionen im Straßenverkehr der EU verantwortlich. Neben der Reduktion des Pkw-Verkehrs ist daher die Umstellung auf Elektrofahrzeuge ein wichtiger Schritt in Richtung klimaschonender Mobilität.

Effizientere Ladegeräte und kabelloses Laden für mehr Attraktivität der E-Mobilität

Da für viele Verbraucher*innen auch der Zeitaufwand beim elektrischen Laden eine Rolle spielt, kann das mehrstündige Laden eines Elektroautos ebenfalls als Einschränkung empfunden werden. Die Nutzung erfordert also eine gewisse Planung. Die Entwicklungen auf diesem Gebiet schreiten jedoch voran. Das Schweizer Unternehmen ABB arbeitet in Zusammenarbeit mit Shell an der Einführung des weltweit schnellsten Ladegeräts, Terra 360 genannt. Es soll dieses Jahr auf den Markt kommen und eine Ladegeschwindigkeit von 360 kW erreichen. Bei dieser hohen Geschwindigkeit kann die Batterie nicht vollständig am Stück geladen werden, was zu Ladepausen von je 10 Minuten alle 300 Kilometer führt. Dennoch besteht damit für Elektroautos mit kleineren Batterien die Chance auf eine vollständige Aufladung in nur etwa 15 Minuten.

Als großes Ziel gilt jedoch das kabellose Laden während der Fahrt. Dazu fährt das Fahrzeug über ein unterirdisch in der Straße installiertes Ladesystem. So kann sich das Auto während der Fahrt aufladen. Einschränkungen wie zu kurze Reichweiten, nicht ausreichende Lademöglichkeiten und ein zu großer Zeitaufwand beim elektrischen Laden könnten damit auf einen Schlag beseitigt werden. Hinzu kommt, dass E-Fahrzeuge auch mit kleineren Batterien auskommen könnten, wodurch weniger Ressourcen pro Auto benötigt würden und bei der Herstellung CO2 eingespart werden könnte. Die neue Technologie könnte so Effizienz mit Nachhaltigkeit vereinen.  

Das Prinzip des kabellosen Ladens

Beim kabellosen Laden von Elektroautos wird der Strom von einer Magnetspule, die in die Straße eingelassen ist, auf eine Spule im Auto übertragen. Das Prinzip funktioniert ähnlich wie kabellose Handy-Ladegeräte, bei denen das Telefon zum Laden auf ein Pad gelegt wird.

Aktuell gibt es auf der Welt verschiedene Pilotprojekte, die sich mit induktivem Laden beschäftigen. Beispielsweise testet das Unternehmen Electreon sein kabelloses Ladesystem für kleinere Elektrofahrzeuge in Israel. In Schweden wird auf der Insel Gotland ein Projekt umgesetzt, bei dem ein 1,6-km-langer Straßenabschnitt mit unterirdischen Ladespulen ausgestattet wurde. Dieses Ladesystem soll in der Lage sein, sogar einen Elektrobus mit ausreichend Strom zu versorgen.

Auch der Automobilriese Stellantis, die Muttergesellschaft von Automarken wie Fiat, Chrysler, Citroen und Peugeot, erprobt das kabellose Laden über die Straße. Das Unternehmen testet seinen Fiat 500e ebenfalls unter Nutzung der Ladetechnologie des israelischen Unternehmens Electreon. Da das Aufladen per Induktion langsamer verläuft als das Laden per Kabel, gab es Zweifel an der Effizienz des Systems. Doch laut Stellantis war das getestete System leistungsfähig genug, um den Fiat 500e bei typischen Autobahngeschwindigkeiten zu fahren, ohne auf die in der Batterie gespeicherte Energie zurückgreifen zu müssen.

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Wann kommt die kabellose Ladetechnologie auf den Markt?

Das größte Hindernis für eine großflächige Einführung dieser neuen Technologie sind die anfänglich hohen Investitionskosten in eine entsprechende Infrastruktur. Privatunternehmen und Investmentfirmen haben weder genug Einfluss noch genügend finanzielle Mittel, um das kabellose Laden alleine umsetzen zu können. Viele Expert*innen sehen die Verantwortung daher bei den Regierungen. Diese sollten schnell und entschlossen handeln, um die Technologie umzusetzen, damit die CO2-Emissionen im Verkehr möglichst schnell gesenkt werden können. Sobald die Technologie die Entwicklungsphase überstanden hat, könnten sich die Investitionen und die installierte Infrastruktur rasch bezahlt machen und die E-Mobilität deutlich vorantreiben.

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Dieser Artikel gehört zum Dossier „Mobilitätswende – Smart in Richtung Klimaneutralität“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.

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