Die Plastikverschmutzung in unseren Gewässern könnte man als pandemisch bezeichnen. Plastik findet sich in fast allen Teilen der riesigen Weltmeere – und jedes Jahr werden weitere 8 und 12 Millionen Tonnen davon ins Meer gekippt. Die Plastikflut gefährdet nicht nur die marinen Ökosysteme, sondern auch den Menschen, da Mikroplastik in unser Wasser, unsere Nahrung und unsere Luft gelangt.
An der ETH Zürich in der Schweiz hat sich eine Gruppe von Studierenden und Freiwilligen zusammengetan, um die Wasserverschmutzung an der Quelle zu bekämpfen. Mithilfe einer komplexen Mischung aus künstlicher Intelligenz, Robotik und Automatisierung haben sie ein skalierbares System mit dem Namen Autonomous River Cleaning (ARC) entwickelt, das Plastik aus Flüssen auf der ganzen Welt entfernen soll. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, aber wenn die Student*innen den Hightech-Fachjargon, den sie sprechen, auch wirklich umsetzen können, dann könnte es klappen.
Warum aber konzentriert sich ARC auf Flüsse und nicht auf Ozeane? Das ist eine pragmatische Entscheidung: Der meiste Plastikmüll gelangt über Flüsse ins Meer. Diese von Plastikmüll zu befreien ist zwar eine aufwändige Angelegenheit, aber noch schwieriger wird es, wenn der Abfall erst einmal ins Meer gelangt ist, denn hier zerfällt es durch Sonne, Wind und Strömungen in immer kleinere Partikel und wird weit verteilt. In den Flüssen ist der Abfall noch einigermaßen konzentriert, aber alles zu einer einzigen Sammelstelle zu bringen bleibt eine der größten Herausforderungen.
Um dieses Problem zu lösen, plant das ARC-Team Techniken aus der mathematischen Modellierung und der Strömungsdynamik nutzen. Damit die Abfälle zur Sammelstelle fließen, wird das Team Luft in das Wasser pumpen, ähnlich dem natürlichen Mechanismus von Strudeln. Gruppen von unter Druck stehenden Röhren werden auf dem Grund eines Flusses angebracht; die so erzeugten Blasenvorhänge bilden dann einen konstanten Aufwärtsstrom an Luftblasen. Partikel im Wasser werden dadurch an die Oberfläche gedrückt, so dass sie bequem gesammelt werden können.
ARC ist nicht das erste Projekt, das Luftbläschen einsetzt, um Plastik aus dem Wasser zu entfernen. Aber die Student*innen gehen mit ihrer Technologie noch einige Schritte weiter. Ihr autonomes Schiff bzw. der schwimmende Roboter nutzt künstliche Intelligenz, um den von den Luftbläschen nach „angespülten“ Müll zu sortieren und das Plastik herauszufiltern. Ein Roboterarm, der mit einer Kamera ausgestattet ist, kann verschiedene Arten von Abfallobjekten identifizieren und dann Biomasse ins Wasser zurückbringen, während er das Plastik zurückhält.
ARC setzt die Technologie auch dafür ein, um die Abfälle zu analysieren. Das könnte neue Erkenntnisse bringen, denn derzeit ist die Menge an Plastik und die Art der Abfälle, die in den Flüssen landen, nicht genau bekannt. Die Student*innen setzt zudem schwimmende GPS-Tracker ein, um zu untersuchen, welche Wege die Abfälle zurücklegen, und will so einen besseren Einblick in die Beseitigungsmöglichkeiten der Abfälle erhalten.
Letztendlich integriert das Schiff alle Teilsysteme – also das Sammeln des Mülls, die autonome Sortierung sowie Erkennung und Analyse – in einer einzigen, skalierbaren Lösung. Aktuell testet das ARC-Team seinen Prototyp in der Limmat in Zürich. Wenn alles gut läuft hofft das Team, das System 2022 in größeren Flüssen in Afrika, Indien und Südostasien einsetzen zu können.
Das Projekt wird vom Robotic Systems Lab, Ecolymer, unterstützt und ist mit mehreren anderen europäischen Universitäten verbunden.