Apptivism: Das Smartphone gegen Lebensmittelverschwendung

Essen im Überfluss - Ein Spielzeugbagger schiebt Kaviar von einem Brot

Lebensmittelverschwendung ist eine ökonomische sowie ökologische Belastung. Einige neue Apps helfen mit Einkaufslisten, Foodsharing in der Nachbarschaft oder vergünstigten Angeboten in Restaurants. Wir geben dir einen Überblick über die praktischsten Apps und Konzepte aus dem EU-Forschungsprojekt "REFRESH".

Autor*in Paul Stadelhofer, 13.02.17

Das EU-Projekt REFRESH („Resource Efficient Food and dRink for the Entire Supply cHain“) untersucht innovative Ansätze zur Vermeidung und Verwertung von Lebensmittelabfällen entlang aller Abschnitte der Versorgungskette. Ziel der Kooperation von 26 Partnern aus 12 europäischen Ländern und China ist es, die Lebensmittelverschwendung im Einzelhandel und von Konsumenten zu halbieren, Lebensmittelverluste entlang der ganzen Wertschöpfungskette zu reduzieren und übertragbare Lösungsansätze zu entwickeln. Wir haben uns die verschiedenen Apps aus dem Forschungsprojekt genauer angeschaut.

Use by Mate – Nie wieder Faules im Kühlschrank

Die App Use by Mate von Thaw Technology aus Großbritannien soll helfen, dass die Lebensmittel im Kühlschrank auch wirklich genutzt werden. Beispielsweise indem sie Nutzern Hinweise dazu sendet, wann Gekauftes abläuft, wie es verwendet werden kann und wie viel sinnvollerweise – beispielsweise für die Familie – gekocht werden sollte. So soll nichts mehr im Kühlschrank verderben und zeitgleich auch nicht so viel gekocht werden, dass der Überschuss im Abfall landet. Ein Bonus-System, das in Geschäften eingesetzt wird, fügt die Einkäufe automatisch in die App ein.

Meal Saver – Überschuss to go

Die App Meal Saver aus Deutschland verbindet Restaurant-Besitzer mit Endnutzern. So soll der Überschuss aus der Küche nicht im Müll, sondern bei den Nutzern der App landen. Der Vorteil für die Nutzer: Wenn zu viel produziert wird, können sie zum vergünstigten Preis auf die Mahlzeiten zugreifen. Zwischen zwei und vier Euro kosten diese im Schnitt. Über die App können die Nutzer einfach erfahren, wo sich nahe, teilnehmende Restaurants befinden und wann sie Mahlzeiten abholen können. Obendrein stattet die EatUp GmbH, die die App entwickelt hat, auch alle teilnehmenden Restaurants mit Papiertüten und biologisch abbaubaren Abhol-Boxen aus. Wir haben die App in unserem Blog ausführlicher besprochen: Hungry? Meal Saver will feed you

OLIO – Nachbarschaftshilfe statt Wegwerfwirtschaft

Die kostenlose App OLIO aus Großbritannien hilft Usern, ihre überschüssigen Lebensmittel mit Leuten aus ihrer Nähe zu teilen. Auch lokale Geschäfte und Cafés können ihr Essen über die App anbieten. Das Schöne daran: Die überschüssigen Lebensmittel können einfach abfotografiert und online gestellt werden. Anschließend können sich die Nutzer der App austauschen oder einfach an einem vereinbarten Ort die Lebensmittel abholen.

KARMA Rescue food – Einkommen statt Überschuss

In Stockholm erfunden und erprobt, soll die Karma-App von Stadt zu Stadt wachsen und in ganz Europa Verbreitung finden. Die Nutzer können über die App kostengünstig überschüssige Lebensmittel „zum Mitnehmen“ einkaufen. Restaurants, Cafés und Geschäfte, die Lebensmittel überschüssig haben, sollen mit der App auch ein Einkommen generieren können. Nutzer erhalten über ein Bonus-System sogar Belohnungen für die regelmäßige Nutzung der App.

Save Eat – Überblick und Inspiration

Momentan ist die App Save Eat aus Großbritannien als Prototyp für Android-Geräte verfügbar. Mit einem Kalender, Einkaufslisten und Rezepten hilft die App beim Kochen und Einkaufen den Überblick zu behalten, gesund zu leben und die Lebensmittelverschwendung im eigenen Haushalt in den Griff zu bekommen. Sie setzt also am Konsumverhalten an, hilft den Nutzern ihre Routinen zu verstehen und zu verbessern, statt zu vergessen und wegzuwerfen, was im Kühlschrank liegt. Tipps, ein Menü-Planer und ein soziales Netzwerk gehören zum Konzept.

Phenix – Hilfe für Unternehmen

Die Erfinder von Phenix haben es auf Unternehmen abgesehen. Ihre Webplattform fungiert als digitaler Marktplatz, auf dem sich Suchende und Bietende direkt miteinander austauschen können. In Frankreich, Spanien, Dänemark und Portugal bietet Phenix auch eine Reihe an Dienstleistungen an, die Geschäften dabei helfen, ihren Abfall zu reduzieren. Die verschiedensten Produkte sollen so eine zweite Chance bekommen, indem sie beispielsweise als Spenden an gemeinnützige Organisationen vermittelt werden. Wenn das Essen für Menschen nicht mehr genießbar ist, kann es noch als Futter für Tiere, für den Kompost oder als Material für Biogas-Anlagen verwendet werden.

nofoodwasted – Einnahmen durch gesenkte Preise

Die App Afgeprijsd (Niederländisch für „Preis reduziert“) stammt aus Holland, soll 2017 aber auch in andere europäische Länder kommen. Ihre Nutzer sollen weder ihre Gewohnheiten ändern, noch zusätzliches Geld ausgeben. Statt dessen können Supermärkte jene Produkte, die kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen, mit der App anbieten. Die Nutzer finden so Produkte mit reduziertem Preis in ihrer Umgebung und die Geschäfte haben neben dem positiven Image auch weniger Müll. 2016 hat das Startup den Roll-Out für die Niederlande geschafft und bereits 175 Supermärkte zum Mitmachen bewegt.

CogZum Project – Smarte Einkaufslisten und Kochtipps

In Bulgarien und Großbritannien wurde die IPhone App des CogZum Projects geschaffen. Ihre Nutzer haben Zugriff auf eine Produktdatenbank und können digitale Einkaufslisten erstellen, die unter Anderem das Ablaufdatum der Einkäufe enthalten. Eine Liste mit den verfügbaren Verbrauchsgütern zuhause, Erinnerungen zur Nutzung und Food-Waste-Reports helfen beim nachhaltigen Kaufen und Kochen. Mit einer Liste von Favoriten und anhand vergangener Einkäufe wird die Nutzung weiter erleichtert. Offiziell erscheint die App erst im März 2017. Interessenten können sich aber online bereits für den Pre-Test anmelden.

Redinner – Last-Minute-Lebensmittel per Direktnachricht

Die redinner App ist aus Ungarn und funktioniert als Last-Minute-Lebensmittel-Markt. Dadurch sollen Restaurants ihren Abfall reduzieren und Nutzer günstig an Gekochtes kommen, das an dem Tag zwar noch wunderbar schmeckt, am nächsten Tag aber schon nicht mehr angeboten werden kann. Die Restaurants können mit der App direkt Nachrichten auf das Smartphone der Nutzer senden, basierend auf deren Vorlieben und Einstellungen. Die Zahlung passiert online und das Essen gibt es bei Vorlage eines Gutschein-Codes zum Mitnehmen.

Du willst noch mehr innovative Ideen zum Thema Lebensmittelverschwendung kennenlernen? Hier findest du einen Überblick: Lösungsansätze gegen Lebensmittelverschwendung

MARKIERT MIT
Essensretter: Online-Plattform ResQ gegen Lebensmittelverschwendung, Social Innovation

Jedes zehnte in Restaurants zubereitete Gericht landet im Müll. Auf das gesamte Gastgewerbe summiert ergibt das 1,9 Millionen Tonnen Lebensmittel. Viel zu viel, findet das Internetstartup ResQ und bietet mit seiner Plattform eine Lösung an.

Der RESET App-Check: Diese Apps helfen dir beim nachhaltigen Konsumieren

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Wie stoppen wir die Verschwendung? Der Weg zu einer nachhaltigeren Welternährung.

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Lebensmittelverschwendung

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