Seegrasfarmen könnten das Meeresleben im Golf von Mexiko schützen

Die Ökosysteme an den Küsten leiden stark an Verschmutzungen. Die strategische Anpflanzung von Algen könnte die Unterwasserwelt schützen und "tote Zonen" im Meer verhindern.

Autor Ciannait Khan:

Übersetzung Ciannait Khan, 26.07.21

Verschiedene Wassergewächse haben in den letzten Jahren verstärkte Aufmerksamkeit erhalten – und zwar nicht nur wegen der angeblichen „Superfood“-Eigenschaften. Vielversprechende Studien haben zum Beispiel gezeigt, dass Kühe, die mit kleinen Mengen an Algen gefüttert werden, deutlich weniger  Methan emittieren, und das Post Carbon Lab entwickelt algenbeschichtetes Gewebe, das CO2 aus der Luft saugen kann.

Nun hat eine neue Forschungsarbeit aus den USA mit Hilfe von Raumanalysedaten überzeugend dargelegt, dass Unterwasserwiesen aus Seegras helfen könnten, Küstenökosysteme zu schützen und „tote Zonen“ im Meer zu verhindern.

Zu viel des Guten in unseren Meeren

Sehr häufig fließen Düngemittel, die hohe Mengen an Nährstoffen enthalten und das Wachstum von Pflanzen fördern, vom Land ab und gelangen ins Meer. Doch diese Nährstoffe sind ein wachsendes Problem für die Gewässer unserer Welt. Für den Menschen haben Nährstoffe normalerweise eine positive Konnotation, aber es kann zu viel des Guten geben. Wenn große Mengen Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor in die Gewässer gelangen, führt dies zu übermäßigem Algenwachstum. Und auch wenn die Algenblüten vorübergehend Sauerstoff erzeugen, sterben sie schnell ab, wodurch der Sauerstoffgehalt im Wasser sinkt und viele Meereslebewesen sterben.

In den letzten Jahren hat die Nährstoffverschmutzung dramatisch zugenommen: Allein zwischen 2003 und 2013 ist sie weltweit um 65 Prozent gestiegen.

Seegras bindet Nitrat und Phosphor

Die strategische Anpflanzung von Seegras in küstennahen Ökosystemen ist eine der wenigen bekannten Möglichkeiten, überschüssige Nährstoffe aus dem Wasser zu entfernen und so die Auswirkungen der schädlichen Algenblüte abzumildern. Seegras hat einen längeren Lebenszyklus als viele Algen, was Umwälzungen im Ökosystem verhindert, und seine Wedel können Nährstoffe wie Nitrate und Phosphor einschließen.

Die Forscher*innen der Seaweed Working Group haben das Potenzial der Seegras-Aquakultur erforscht und plädieren am Beispiel des Golfs von Mexiko dafür, dass die USA die Seegraszucht in ihre Strategie zur Bekämpfung der Nährstoffverschmutzung einbeziehen sollten.

Der Golf von Mexiko enthält eine der größten hypoxischen Zonen – ein Gebiet ohne Sauerstoff – der Welt, die auf 18.000 Quadratkilometer geschätzt wird. Dies ist größtenteils auf überschüssige Nährstoffe zurückzuführen, die den Mississippi hinuntergespült werden. Im Mai 2019 schüttete der Fluss täglich durchschnittlich mehr als 5.000 Tonnen Nitrat und 800 Tonnen Phosphor in den Golf – kolossale Zahlen, die schwer zu ergründen sind.

Mit Hilfe von räumlichen Analysedaten identifizierten die Forschenden geeignete Flächen für den Seegrasanbau. Sie fanden heraus, dass eine große Fläche – etwa 63.000 Quadratkilometer – potenziell für die Aquakultur zur Verfügung steht. Das ist mehr als genug, um die regionalen Ziele der USA zur Reduzierung der Verschmutzung zu erreichen.

Zusätzlich zu den greifbaren Vorteilen für die Umwelt gehen die Forschenden auch davon aus, dass ein Anstieg der Seegraszucht ein Segen für die Wirtschaft sein könnte. Derzeit untergräbt die Nährstoffverschmutzung massiv die Fischerei im Golf von Mexiko, die viele lokale Arbeitsplätze bietet und einen Großteil des US-Marktes für Meeresfrüchte ausmacht.

Zudem hat Seegras auch eine Reihe anderer Verwendungsmöglichkeiten, die im Zusammenhang mit der Ausweitung der Aquakultur genutzt werden könnten. Auch wenn Seegras, das einem hohen Verschmutzungsgrad ausgesetzt ist, wahrscheinlich nicht für den Verzehr geeignet sind, können sie auch zur Herstellung von Stoffen, (essbaren) Biokunststoffen und Biokraftstoffen verwendet werden.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut und erschien im Original zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

seatrec-ocean-energy
Seatrec
Seatrec macht grüne Energie aus den Tiefen der Meere nutzbar

Eine neue Lösung zur Gewinnung sauberer Energie könnte dazu beitragen, Technologien zur Ozeanbeobachtung zu optimieren - und sie widerstandsfähiger, leistungsfähiger und umweltfreundlicher zu machen.

Post Carbon Lab: Algen-beschichtetes Gewebe saugt CO2 aus der Luft

Ein Labor in London hat eine einfache Möglichkeit entwickelt, wie Verbraucher*innen ihre Umweltbelastungen im Alltag reduzieren können - durch ein spezielles Gewebe, das aktiv Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernen kann.

Saildrone: Forschungsdrohnen für die Vermessung der Ozeane

Der Einsatz von Drohnen ist nicht auf den Luftraum beschränkt: Hochentwickelte, unbemannte Fahrzeuge können monatelang autonom um den Globus segeln – so erhalten wir wertvolle Daten über den Zustand unserer Meere und Ozeane.

char2cool_3
Char2Cool
Aus einer Wasserpflanzen-Plage wird Biokohle

Der Verein Char2Cool hat ein Verfahren entwickelt, um aus der invasiven Wasserhyazinthe Biokohle herzustellen. Damit vernichtet die sogenannte C2C-Biochar Unkraut, verbessert den Bodenertrag, schützt das Klima und generiert nebenbei neue Einkommensquellen für Gemeinden.

Mikroplastik aus dem Wasser entfernen – mit diesem Verfahren ist das ganz leicht

Mikroplastik verbreitet sich rasant in unseren Ökosystemen. Doch es gibt Möglichkeiten, die teils mikroskopisch kleinen Teilchen zu stoppen, bevor sie über Wasserwege in die entlegensten Orte unseres Planeten vordringen. Ein erfolgsversprechendes "Verklumpungs"-Verfahren kommt von dem gemeinnützigen Startup Wasser 3.0.

Moderne Satellitentechnik erkennt die zunehmende Versauerung der Meere

Traditionell wurde der Zustand unserer Meere und Ozeane von Schiffen aus gemessen, doch diese Methodik könnte bald überholt sein: Inzwischen sind Satelliten nämlich in der Lage, unter die Wellen zu schauen.

Drohnen und KI erkennen Plastikmüll in Flüssen und Meeren

Eine deutsche Forschungsgruppe setzt Drohnen in Kambodscha ein. Die Fluggeräte identifizieren und lokalisieren Plastikmüll entlang von Wasserwegen und machen Gegenmaßnahmen so effektiver.

Bis zum letzten Bissen – essbare Verpackungen aus Algen

Indonesien ist einer der größten Verursacher von Plastikmüll weltweit. Eine Lösung kommt von Evoware: Verpackungen, die nicht nur biologisch abbaubar sind, sondern direkt mitgegessen werden können.

NeptuTherm: Mit Algen Häuser nachhaltig isolieren

Wer hat sich nicht schon über den Seetang geärgert, der büschelweise an ansonsten weißen Stränden angespült wird? Dabei können diese Büschel sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden, wie ein deutsches Unternehmen zeigt.