Welche Grenze ist offen? Wann und wo fahren Busse und wohin bringe sie uns? In welchem Land gibt es neue Asylgesetze? Die Liste der Fragen, mit denen Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa auf der Balkanroute vor verschlossenen Übergängen stehen, ist lang. Antworten sind rar. Die einzige Verbindung zur Außenwelt in dieser aktuell unsicheren und chaotischen Situation stellt das Smartphone dar. Für Flüchtlinge ist es deshalb überlebenswichtig.
„Die Menschen wissen oft nicht, was los ist, ihnen fehlen Informationen„, sagt Nina Kov vom InfoAid-Team. Manchmal würden den Flüchtlingen „absichtlich“ Infos vorenthalten, sagt die 34-jährige Aktivistin voller Wut auf ihre ungarische Regierung der Nachrichtenagentur AFP. „Es ist eine Sache, in Ungarn keine richtigen Informationen zu bekommen, aber absichtlich in die Irre geführt zu werden, ist unverschämt.“
Aktuelles über Grenzschließungen, Bustransporte, Grenzübergänge und Asylgesetze
Diese „Fehlinformationen“ brachten für Kov das Fass zum Überlaufen. Sie schnappte sich ihren Mann und zwei befreundete Programmierer, das „Hirn“ der Truppe, wie sie sagt, und legte los. In nur zwei Tagen stand die App. „Wir senden jedem Nutzer nun Neuigkeiten zu Grenzschließungen, Busfahrten von A nach B, aktuellen Asylverfahren, Gesetzen in Ungarn und so weiter.“
InfoAid gibts als kostenlose Anwendung für Android in sechs Sprachen: Arabisch, Urdu, Paschtu, Farsi, Englisch und Ungarisch. Sie hat schon jetzt 700 Nutzer pro Tag und an jedem neuen kommen hundert weitere hinzu. Die kleine Aktivistengruppe setzt auf Mund-zu-Mund-Propaganda und sucht weitere Übersetzer, um das Sprachangebot ausweiten zu können. „Griechisch kommt als nächstes„, sagt Kov. „Dann können die Aktivisten dort den Flüchtlingen auf dem Weg nach Norden weiterhelfen, was sie erwartet.“
Kov hat selbst gewissermaßen einen Flüchtlingshintergrund. Sie ist zwar in Paris geboren, aber auch ihre Vorfahren sind Flüchtlinge. Ihr deutschstämmiger Großvater war 1946 gezwungen sein Haus in Rumänien zu verlassen und ihr russischer Vater wanderte in den späten 70er Jahren von Ungarn nach Frankreich aus. „Jeder in Europa hat Flüchtlingsblut„, sagt sie. „Man muss nur tief genug in sich hineinschauen.„