AirSeed: Drohnen für die Wiederaufforstung des verbrannten australischen Outbacks

Die AirSeed-Drohnen können Samen viel schneller pflanzen, als es bei der traditionellen Wiederaufforstung möglich ist.

Die Umweltzerstörung durch die Buschbrände in Australien erfordert neue Ansätze für die Wiederaufforstung. Können High-Tech-Drohnen die Lösung für die Aussaat neuer Pflanzen sein?

Autor Mark Newton:

Übersetzung Mark Newton, 17.02.20

Rund 7,7 Millionen Hektar (19 Millionen Acres) Buschland wurden in Australien während den Buschbränden in der Feuersaison 2019/2020 zerstört. Auch wenn die größten Buschbrände inzwischen durch sintflutartige Regenfälle gelöscht wurden, wird es noch einige Zeit dauern, bis das volle Ausmaß der Schäden bekannt ist. Doch schon die ersten Schätzungen sind alles andere als ermutigend: Es wird geschätzt, dass etwa eine Milliarde Tiere getötet wurden – und potenziell  könnten dadurch sogar bedrohte Arten ganz ausgerottet worden sein.

Normalerweise erholen sich Wälder und Buschland nach einem Brand schnell – und Buschbrände sind Teil des natürlichen Ökosystems des australischen Outbacks. Aufgrund des Ausmaßes, der Ausbreitung und der Intensität dieser letzten Buschfeuersaison gibt es jedoch Zweifel daran, ob die betroffenen Gebiete wieder zügig nachwachsen können, denn die Hitze könnte so intensiv gewesen sein, dass sogar feuerresistente Pflanzen zerstört worden sind.

Um die enormen Schäden zu beheben, sind wahrscheinlich neue Methoden erforderlich. Das australische Startup AirSeed Technologies will zum Beispiel Drohnentechnologie zur Wiederaufforstung großer Landstriche einsetzen.

AirSeed wurde gemeinsam von dem Maschinenbauingenieur Andrew Walker und dem Geodaten-Experten Andries Louw gegründet. Das Unternehmen hat eine spezialisierte Flugdrohne entwickelt, die nach eigenen Angaben Samen mit einer Geschwindigkeit auspflanzen kann, die weit über die traditionellen Methoden hinausgeht. Durch den Einsatz künstlicher und datengesteuerter Intelligenz soll eine AirSeed-Drohne in der Lage sein, etwa zwei Samen pro Sekunde zu pflanzen. Pro Tag könnten laut Unternehmen von zwei Drohnen bis zu 40.000 Samen gepflanzt werden.

Bei der traditionellen Wiederaufforstung werden die Setzlinge zunächst in Baumschulen gezüchtet, bevor sie über gekühlte Versorgungswege zu den Pflanzgebieten transportiert werden. Diese Setzlinge werden dann manuell gepflanzt, was sowohl zeit- als auch arbeitsintensiv ist – und das in der Regel auch nur in Gebieten, in denen die entsprechenden Ressourcen mobilisiert werden können. Das System von AirSeed ist nicht nur angeblich 95 Prozent schneller, sondern kann auch Gebiete erreichen, in denen eine traditionelle Wiederaufforstung unmöglich oder unbezahlbar wäre.

Das Unternehmen konnte bereits kleinere Erfolge vorweisen, zuletzt in Südafrika, wo auf einer Fläche von zehn Hektar 10.000 Samen gepflanzt wurden. Außerdem beauftragte das Agrarunternehmen Olam International AirSeed, im Rahmen eines bezahlten Versuchs 500.000 Bäumen  anzupflanzen; dem soll ein kommerzielles Projekt zur Anpflanzung von weiteren 200 Millionen Bäumen in ganz Afrika folgen.

Aktuell führt AirSeed Technology Gespräche mit der australischen Regierung, um einen Versuch zur Neuaussaat in durch die Buschbrände verwüsteten Gebieten von Neusüdwales zu starten. Das Ausmaß der Brände und die relativ einzigartige Landschaft Australiens stellen jedoch neue Herausforderungen dar, die es zu bewältigen gilt. Jede Neuanpflanzung erfordert daher eine langfristige Überwachung über zwei Regen- und zwei Trockenzeiten. Dazu erklärte Walker gegenüber ZDNet:

„Das wird uns dabei helfen, herauszufinden, welche spezifischen Probleme in Australien bestehen und worauf wir während einer längeren Trockenzeit stoßen werden. Das wird der wichtigste Faktor sein, und wir müssen nach Mitteln suchen, wie wir damit umgehen können, sei es durch die Wiederaufforstung ausgewählter Arten oder durch eine ganz spezifische Überwachung, um den Setzlingen in der frühen Wachstumsphase zu helfen.“

Aktuell kooperiert AirSeed auch mit der University of Technology Sydney, um Methoden und Daten zu entwickeln, die zur Unterstützung der Technologie bei der Wiederaufforstung der durch die Brände zerstörten Mangrovenwälder eingesetzt werden können. Bis 2023, so das Ziel von AirSeed, will man weltweit 100 Millionen Bäume pflanzen.

Drohnen wurden bereits in vielen anderen Fällen zur Unterstützung der Wiederaufforstung und zur Wiederherstellung von Ökosystemen rund um den Globus eingesetzt. Bei RESET haben wir zum Beispiel bereits über ein Unternehmen berichtet, dass Drohnen zur Wiederaufforstung von Mangrovenwäldern in Myanmar einsetzt. Und in Spanien kombiniert ein anderes Unternehmen Drohnentechnologie mit „intelligenten Samenkapseln“, die die Samen schützen und mit Nährstoffen versorgen und so dazu beitragen, dass sie zu Pflanzen heranwachsen.

Neueste wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass eine schnelle und umfassende Wiederaufforstung von Wäldern, die viel CO2 speichern können, einer der zielführendsten Ansätze zur Bewältigung der Klimakrise ist – mit dem Potenzial, bis zu zwei Drittel (!) der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen zu beseitigen. Technologien, die den Prozess der Pflanzung neuer Bäume beschleunigen kann, spielen also eine entscheidende Rolle für die Zukunft unseres Planeten.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

Dieser Artikel ist Teil des Dosssiers „Satelliten und Drohnen – Wertvolle Helfer für eine nachhaltige Entwicklung“. Alle Artikel des Dossiers findest du hier: Dossier Satelliten und Drohnen

Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers über zwei Jahre zum Thema „Chancen und Potenziale der Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung“ erstellen.


Mehr Informationen hier.

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