3D-Bodenkarten machen Landwirtschaft umweltfreundlicher

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Ein junges Unternehmen aus Berlin will mit 3D-Bodenkarten die Landwirtschaft emissionsärmer und ressourcenschonender machen. Die Daten dafür liefern Satelliten- und Luftbilder. Wie die Bodenkarten zustande kommen und wer von dem neuen Wissen profitiert, erzählt Mitgründer Suvrajit Saha im Interview.

Autor*in Monika Rech-Heider, 07.09.20

Übersetzung Monika Rech-Heider:

Unsere Nahrungsmittelproduktion ist aktuell alles andere als zukunftsfähig. Denn die intensiven Anbaupraktiken und der massive Einsatz von Chemikalien laugen unsere Böden enorm aus und belasten unsere Gewässer. Dazu kommt: Die Landwirtschaft ist für einen enormen Wasserverbrauch verantwortlich; der Weltagrarbericht beziffert diesen mit einem Anteil von rund 70 Prozent an unseren gesamten Trinkwasservorräten weltweit. Laut der Water Scarcity Clock, einem interaktiven Webtool des World Data Labs, leben etwa 2,3 Milliarden Menschen auf der Welt in einer Situation der Wasserknappheit, Tendenz steigend. Verschärfend kommt hinzu, dass der globale Temperaturanstieg, der in vielen Regionen zu Dürreperioden führt, zu einem Anstieg der Wassernachfrage geführt – insbesondere in Europa, das im vergangenen Jahr beispiellose Hitzewellen erlebt hat.

Ein Grund für den hohen Wasserbedarf ist die Wahl der Feldfrüchte, denn es wird nicht unbedingt das gesät, was bei den jeweiligen klimatischen Bedingungen Sinn macht, sondern ökonomische Überlegungen stehen im Vordergrund. Allzu oft landen so zum Beispiel wasserintensive Pflanzen auf wasserarmen Äckern. Andere Gründe sind veraltete oder nicht den Bedingungen angepasste Bewässerungstechniken. Es ist also dringend nötig, den globalen Wasserverbrauch zu reduzieren – ein Blick auf neuartige Lösungen lohnt sich.

Das Spin-off SmartCloudfarming der Technischen Universität Berlin hat sich vorgenommen, mit seiner Lösung eine bodenschützende und emissionsarme Landwirtschaft zu gestalten. Dabei setzen die Gründer Michele Bandecchi und Suvrajit Saha mit ihrem internationalen Team aus Boden- und Datenspezialisten auf Daten-getriebenes Bodenmanagement. Die Grundlage ihrer 3D-Bodenkarte sind Satelliten- und Luftbilder, die mit Hilfe von Algorithmen auf Basis neuronaler Netzwerke automatisiert ausgewertet werden.

Herr Saha, der Name Ihres Unternehmens lautet „SmartCloudFarming“. Was genau bieten Sie an?

Unser Startup ist ein Bodenanalytik-Unternehmen. Wir schließen die existierende Datenlücke für Precision Farming. Dafür verwenden wir Satellitendaten und Bildaufnahmen, um eine flächendeckende Bodenanalytik durchzuführen und wichtige Parameter wie Bodenfeuchtigkeit, organisch gebundenem Kohlenstoff und Bodennährstoffe zu ermitteln und diese anschließend auf einer 3D-Bodenkarte darzustellen.

Wie unterstützen die 3D-Bodenkarten landwirtschaftliche Unternehmen?

Landwirtschaftliche Unternehmen profitieren vor allem von einem vereinfachten und digitalen Bodenmanagement, das durch unsere 3D-Bodenkarten ermöglicht wird. Sie erfahren, wie der Bodenzustand unterhalb der Oberfläche ist und zwar flächendeckend statt punktuell. Dank diesem Wissen können sie die richtigen Behandlungsmaßnahmen ergreifen. Das hilft ihnen, die Fruchtbarkeit und somit den Ertrag zu erhöhen und gleichzeitig den Verbrauch von Wasser und Bodennährstoffen zu reduzieren.

Sie liefern Informationen zur Bodenbeschaffenheit, besonders zu Bodenfeuchte, Nährstoffgehalt im Boden und zum Carbonathaushalt. Wie kommen die Informationen zustande?

Hierfür machen wir uns öffentlich verfügbare Satellitenbilder sowie Luftaufnahmen zunutze. Wir integrieren optische und Radardaten der Sentinel 1 und 2 sowie Landsat 8-Mission für die Auswertung. Diese werden mithilfe hochkomplexer Algorithmen verarbeitet, um die Werte und Verteilung auf und unterhalb des Bodens zu ermitteln. Später werden wir darüber entscheiden, ob wir auch auf Daten von kommerziellen Satelliten mit hoher Auflösung zurückgreifen wollen.

Wie hoch ist die Auflösung, die Sie anbieten können?

Derzeit bieten wir eine Auflösung von 30 mal 30 Metern. Unsere Treffsicherheit liegt dabei im Schnitt bei über 90 Prozent und ist damit erstaunlich hoch. In den kommenden Monaten möchten wir diese auf etwa 98 Prozent erhöhen.

Wie läuft die Auswertung ab?

Die Datenauswertung findet mithilfe von Algorithmen und neuronalen Netzwerken statt. In manchen Arbeitsschritten setzen wir auch Bilderkennung ein, aber das ist eher die Ausnahme. Zudem findet ein Abgleich der Ergebnisse mit vorhandenen Laborwerten statt.

Wer profitiert in welchem Maße von dieser Lösung?

Jeder, der in der Landwirtschaft arbeitet, profitiert von unseren 3D-Bodenkarten. Der Endnutzer ist aber der Landwirt selbst, der sowohl Zeit und Kosten sparen wird und auch die strenger werdenden Auflagen hinsichtlich Umweltschutz erfüllen kann. Agrarunternehmen profitieren ebenso und können ihren Zeitaufwand für das Bodenmanagement um über 80 Prozent reduzieren. Denn heute wird das Bodenmanagement primär händisch erledigt, was einen hohen Zeitaufwand mit sich bringt. Unsere Lösung erledigt viele Arbeitsschritte remote, also aus der Ferne, oder automatisiert sie. Der Nutzer braucht nicht den Weg auf den Acker zu machen, um dort Bodenproben zu sammeln und zum Labor zu schicken. Die Planungsschritte im Vorfeld fallen ebenfalls weg und damit auch der verbundene Verwaltungsaufwand. Unser Ansatz ist in vielerlei Hinsicht anders: Wir arbeiten nicht an einer Verbesserung bestehender Prozesse und Verfahren, sondern wir wollen mit neuen Ansätzen ein veraltetes System grundlegend neu gestalten. Das hat eine Minimierung der manuell zu erledigenden Prozessschritte und somit des Zeitaufwandes zur Folge.

Wie wirkt sich die Lösung auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit der Flächen aus?

Unsere 3D-Bodenkarten und das vereinfachte Bodenmanagement haben einen unmittelbaren Effekt auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit, da die landwirtschaftlichen Emissionen minimiert werden ebenso wie der Verbrauch von Düngemitteln und Wasser.

Dieser Artikel ist Teil des Dosssiers „Satelliten und Drohnen – Wertvolle Helfer für eine nachhaltige Entwicklung“. Alle Artikel des Dossiers findest du hier: Dossier Satelliten und Drohnen

Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers über zwei Jahre zum Thema „Chancen und Potenziale der Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung“ erstellen.


Mehr Informationen hier.

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