UN-Klimakonferenzen: Worum geht’s?

Jedes Jahr treffen sich Regierungschefs, Organisationen und Aktivisten aus Umwelt, Wirtschaft und Technik, um bei den Klimagipfeln bzw. Klimakonferenzen über die Zukunft unserer Erde zu verhandeln. Aber was ist eine Klimakonferenz genau, wer ist beteiligt und welche Reichweite haben hier getroffene Entscheidungen?

Autor*in Hanadi Siering, 10.02.12

Übersetzung Media Romadona:

Der jährliche Höhepunkt der Weltklimadiplomatie, die ihren Lauf 1992 in Rio nahm, ist die Vertragsstaatenkonferenz (COP – Conference of the Parties) der UN-Klimarahmenkonvention. Sie findet im November beziehungsweise Dezember statt.

Eine Klimakonferenz ist ein Treffen verschiedener Akteure, die versuchen, gemeinsam Lösungen für den von Menschen verursachten globalen Klimawandel und die damit verbundene Erderwärmung zu finden. Konkret werden dabei die Reduktionspflichten sowie die Arten der Klimafinanzierung, die zur Senkung klimawirksamer Emissionen nötig sind, für die einzelnen Staaten verhandelt. So sollen die Treibhausgaskonzentrationen in der Erdatmosphäre, die für den globalen Temperaturanstieg verantwortlich sind, stabilisiert und eine gefährliche Störung des Klimasystems abgewendet werden. Ebenso werden Möglichkeiten der Anpassung an den Klimawandel diskutiert.

Wichtige Institutionen für die Weltklimadiplomatie

Die UN-Klimakonferenzen werden vor allem durch die Arbeit zweier Institutionen unterstützt. Der Weltklimarat ist ein Wissenschaftsgremium der UN mit Sitz in Genf, das als Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema auswertet und sortiert, selbst aber keine eigene Forschung betreibt. Seit den 1990ern liefert der Rat wissenschaftliche Berichte, in denen die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen über die Gefahren des Klimawandels zusammengefasst werden. Diese dienen auch als Grundlage für Entscheidungen, die auf den Konferenzen gefällt werden.

Die zweite wichtige Institution ist das UN-Klimasekretariat mit Sitz in Bonn, welches die Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention einrichteten. Es beschäftigt ein internationales, rund 500 Mitarbeiter starkes Team. Gemeinsam mit der jeweiligen Präsidentschaft ist das Sekretariat für die Organisation und Tagesordnung der Klimagipfel zuständig. Außerdem kümmert es sich um die Umsetzung der Klimaverträge und sammelt Daten zur Klima-Bilanz der einzelnen Staaten.

Wer nimmt an den Klimakonferenzen teil?

Die Klimakonferenzen haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu Großveranstaltungen mit mehr als 20.000 Teilnehmern entwickelt. Mit dabei sind ausgewählte Regierungsvertreter der 197 Vertragsstaaten, darunter alle Mitglieder der UN sowie der Staat Palästina, die Insel Niue, die Cookinseln und die Europäische Union. Dazu kommen Journalisten sowie Beobachter verschiedenster Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs). Beobachter erfahren, was in der Konferenz beschlossen wird, können auch mitargumentieren, haben jedoch keine Entscheidungskompetenzen. Entscheidungen werden lediglich von den Vertragsstaaten getroffen.

Um zumindest ein Minimum an Übersichtlichkeit zu wahren, haben sich die verschiedenen NGOs in Gruppen zusammengefunden. Die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) vereinen Wirtschaftslobbyisten, wozu beispielsweise die Internationale Handelskammer ICC zählt. TUNGOs (Trade Union Non-Governmental Organizations) sind Abgesandte von Gewerkschaften. Wissenschaftliche Organisationen werden zu RINGOs (Research and Independent Organisations) zusammengefasst. Umweltorganisationen sind selbstverständlich auch dabei und nennen sich ENGOs (Environmental Non-Governmental Organizations). Jugendbewegungen haben sich zu den YOUNGOs zusammengeschlossen. Ihr schlüssiges Argument für das Beantragen von Status, Zugang und Mitteln aus dem Klimasekretariat: „Es wird über unsere Zukunft verhandelt!“ Aus Deutschland kommen neben der Regierungsdelegation zum Beispiel Vertreter der Landwirtschaftskammern, des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, des Hilfswerks „Brot für die Welt“ und Vertreter von Greenpeace und dem WWF.

Alle diese Gruppen und Grüppchen versuchen, mit unzähligen Nebenveranstaltungen Aufmerksamkeit zu generieren und dadurch auch den Fortgang der Konferenz zu beeinflussen. Bei sogenannten „side events“ (Nebenereignissen), werden dann die vermeintlichen oder tatsächlichen Erkenntnisse zu Themen wie Elektromobilität, Gebäudedämmung oder Kohlekraftwerken vorgestellt.

Die wichtigsten Klimakonferenzen und Beschlüsse

Umweltgipfel: Rio de Janeiro 1992

1992 trafen sich auf dem ersten internationalen Umweltgipfel in Rio de Janeiro 130 Staatsoberhäupter und 17.000 weitere Teilnehmer, um globale Probleme wie Hunger, Armut, Krieg und die wachsende soziale Kluft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu thematisieren. Hier wurde der Klimawandel zum ersten Mal offiziell als Problem anerkannt. Ergebnis des Treffens war die Klima-Rahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC – United Nations Framework Convention on Climate Change), womit die Grundlage für die darauffolgenden Klimakonferenzen gelegt wurde. Demnach sollen die globalen Treibhausgaskonzentrationen auf einem Niveau gehalten werden, das eine gefährliche menschengemachte Störung unseres Klimasystems ausschließt. Dieses Niveau muss jedoch zeitnah erreicht werden, bevor der Klimawandel natürliche Ökosysteme, Ernährungssicherheit und eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung ernsthaft bedroht.

COP 3: Kyoto 1997

Bei der dritten Weltklimakonferenz im japanischen Kyoto setzten die Klima-Diplomaten erstmals ein völkerrechtlich verbindliches Klimaschutzabkommen für 37 Industrieländer und die Europäische Gemeinschaft durch. Ergebnis der Konferenz war das Kyoto-Protokoll. Dieses sah vor, den jährlichen Treibhausgas-Ausstoß der Industrieländer innerhalb der sogenannten ersten Verpflichtungsperiode (2008–2012) um durchschnittlich 5,2 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren. Für Schwellen- und Entwicklungsländer wurden keine Reduktionsziele beziffert; außerdem war für sie die Einrichtung von Fonds über Gelder zur Anpassung an die Folgen der Erderwärmung vorgesehen. Ökonomische Anreize für Industrieländer wurden im Rahmen des Protokolls zu einem späteren Zeitpunkt durch verschiedene flexible Mechanismen geschaffen, darunter der Clean Development Mechanism (CDM). Durch diesen können sich Industrieländer Emissionseinsparungen in Schwellen- und Entwicklungsländern, beispielsweise durch erneuerbare Energien, auf ihre eigene Klimabilanz anrechnen lassen, indem sie sich direkt an den Projekten beteiligen oder entsprechende Zertifikate ankaufen.

COP 15: Kopenhagen 2009

Die 15. Klimakonferenz in Kopenhagen im Jahr 2009 gilt als eines der größten Treffen der Diplomatiegeschichte – und zugleich als eines der am wenigsten erfolgreichen. Eigentlich sollten in Kopenhagen konkrete Reduktionsziele festgelegt und unterschrieben werden. Dazu kam es jedoch nicht, weil die Staatschefs nur ihre eigenen Interessen verfolgten und sich nicht einigen konnten. Es wurde auch kein Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll gefunden, wie in der sogenannten Bali Road Map der COP 13 auf Bali angedacht. Das Abschlussdokument der Konferenz – Copenhagen Accord (Übereinkunft von Kopenhagen) – enthält bereits das Ziel, die Erderwärmung auf weniger als 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Allerdings wurde es von den Vertragsparteien nicht verabschiedet und ist somit rechtlich nicht bindend.

COP 16: Cancún 2010

2010, ein Jahr später in Cancún wurde ein völkerrechtlich bindender Beschluss festgelegt, der das Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens 2 Grad beinhaltet. Somit ging der Copenhagen Accord in die UN-Diplomatie über. Außerdem wurde über die Möglichkeit gesprochen, die 2-Grad-Grenze auf 1,5 Grad zu senken. Um die von der Erwärmung besonders betroffenen Regionen zu entlasten, wurde vereinbart, einen Klimafonds – den Green Climate Fund (GCF) – als Soforthilfe mit einem Umfang von 10 Milliarden Dollar jährlich einzurichten. Aus diesem sollen insbesondere Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern finanziert werden. Als Gegenmaßnahme für die weltweite Waldrodung wurde in Cancún ein Mechanismus namens REDD+ beschlossen, „Reducing Emissions from Deforestation and Degradation“. Das Prinzip: Wer den Wald als CO2-Speicher schützt, soll dafür Geld bekommen.

COP 21: Paris 2015

Der 21. Klimagipfel, der 2015 in Paris stattfand, gilt als geschichtsträchtiges Ereignis in der Weltklimadiplomatie. Im Rahmen des Pariser Abkommens wurde die Begrenzung der Erderwärmung auf unter zwei Grad und möglichst unter 1,5 Grad festgelegt und zwar bindend für alle teilnehmenden Staaten. Die jeweiligen nationalen Klimaschutzbeiträge (NDC – Nationally Determined Contributions), die dazu benötigt werden, sind von jedem Land selbst zu bestimmen. Sie müssen alle fünf Jahre erneut vorgelegt werden und noch ambitioniertere Ziele enthalten.

Was können die Klimakonferenzen bewegen?

Dem eigentlichen Klimagipfel im Dezember gehen viele Vorbereitungstreffen voraus, die von den teilnehmenden Regierungsvertretern bis ins kleinste Detail geplant werden. Neben der Hauptveranstaltung gibt es parallel weitere Einzelgipfel. Hinter all diesen Veranstaltungen steckt ein riesiger logistischer Aufwand, da die Treffen an immer wechselnden Orten stattfinden. Kritiker bemängeln, dass gemessen an diesem Aufwand verhältnismäßig wenig bei den Klimakonferenzen herauskommt.

Die Gründe findet man in der Systematik der Weltklimadiplomatie selbst: Laut Entwurf der Geschäftsordnung für die Klimagipfel gilt das Mehrheitsprinzip. Dieses wird aber nicht von allen Verhandlungsteilnehmern als gut empfunden, da sich manche Staaten dadurch übervorteilt fühlen. Daher ist niemals in der Geschichte der Klimakonferenzen eine Geschäftsordnung angenommen worden. Stattdessen gelten provisorische UN-Bestimmungen, nach denen alle Beschlüsse „einmütig“ gefällt werden müssen. Das bedeutet, dass alle Unterzeichnerstaaten der Klimarahmenkonvention zustimmen müssen. Diese Regelung macht es nicht einfach, Beschlüsse zu fassen, denn jedes einzelne Land kann einen Beschluss verhindern, wie es auch in Kopenhagen 2009 passierte. Es wurde zum Teil deswegen kein verbindlicher Beschluss gefunden, weil Nicaragua und im Anschluss auch Bolivien, Mosambik und Venezuela sich dagegenstellten.

Aber auch wenn die Verhandlungen zäh, langwierig und endlos erscheinen und der Eindruck entsteht, dass sich nie etwas ändern wird, sollte die Hoffnung auf eine bessere Welt nicht aufgegeben werden. Auch wenn nicht jedes Mal eine Lösung gefunden wird, wird immerhin das Bewusstsein auf internationaler Ebene für die Missstände der Welt geschärft. So kann der im Juni 2017 angekündigte Austritt der USA, dem zweitgrößten Treibhausgasemittenten nach China, aus dem Pariser Abkommen zwar als herber Rückschlag bezeichnet werden. Wie sich jedoch einige Monate später bei der COP 23 in Bonn zeigte, stehen die eigenen Reihen nicht zwangsläufig hinter Trumps Entschluss. Viele US-Gemeinden und -Regionen verkündeten: „We are still in“.

Wer Veränderung erreichen will, muss selbst ran: Sicherlich müssen die politischen Rahmenbedingungen ihren Beitrag zu einem besseren Klimaschutz leisten. Aber auch jeder Einzelne kann schon mit kleinen Veränderungen und nur ein wenig mehr Engagement einer besseren Welt einen Schritt näherkommen. Der RESET-Artikel Be a CO2-Compensator! kann dir dabei als Inspiration dienen.

Erstveröffentlichung: Februar 2012 (Hanadi Siering), letzte Aktualisierung: November 2018 (Lena Strauß/ RESET-Redaktion)

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