Upcycling: Unbrauchbar? Von wegen!

Immer mehr Neues konsumieren und Altes einfach wegwerfen – das war lange Zeit der Trend in unserer kapitalistischen Gesellschaft. Doch umweltbewusstes Denken und Nachhaltigkeit sind mittlerweile nicht nur bei Lebensmitteln gefragt, sie ziehen auch in die Kleiderschränke und die Wohnungen vieler Menschen ein. Upcycling heißt der neue Trend.

Autor*in Gast , 29.10.14

Beim Upcycling geht es darum, alte Dinge wiederzuverwerten und sie in neue Produkte zu verwandeln, anstatt sie einfach wegzuwerfen. Was als kreative Idee einzelner Bastler begann, hat sich mittlerweile zu einer richtigen Bewegung entwickelt, die immer mehr Zuspruch erfährt.

Wieso ist Upcycling so beliebt?

Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle in unserer Gesellschaft, welche sich der stetig geringer werdenden Ressourcen zunehmend bewusst wird. Der Drang nach Bio und Fair-Trade beschränkt sich heute keineswegs mehr auf den Kühlschrankinhalt. Die Anzahl der Menschen, die wissen wollen, wo ihre Kleidung, ihre Möbel und ihre Lebensmittel herkommen, wird immer größer. Zudem werden, in Folge der knapper werdenden Ressourcen, in Zukunft auch die Preise für Konsumgüter steigen. Und vielleicht haben wir es nach Jahrzehnten des ständigen Konsums auch einfach satt, uns immer neue Dinge zu kaufen. Dafür spricht zumindest das weltweit immer häufiger auftretende Model der Sharing-Economy, also Dinge zu leihen oder zu tauschen, anstatt sie selbst kaufen. Upcycling wird dieser Bewusstseinswende ebenfalls gerecht, denn es ermöglicht, Ressourcen zu schonen und bietet dem Einzelnen die Chance, ein Unikat mit Geschichte herzustellen oder zu erwerben.

Upcycling in der Mode – Designerstücke und selbstgemachte Unikate

Ganz ehrlich – wie viele neue Kleidungsstücke braucht ein Mensch wirklich? Immer neue Modetrends werden ausgerufen und immer mehr neue Kleidungsstücke konsumiert. Ist der Kleiderschrank voll, muss Altes eben weichen.

Wie viel Geld gaben die Deutschen in den vergangenen Jahrzehnten für Kleidung und Schuhe aus? (Quelle: Statista)

Der Spiegel gibt an, dass allein im Jahr 2010 in deutschen Haushalten 100.000 Tonnen Textil- und Bekleidungsabfall produziert wurde. Dabei beruft sich der Spiegel auf Angaben des Statistischen Bundesamtes.

In einer Gesellschaft, in der Nachhaltigkeit zu einem immer wertvolleren Gut wird, war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich eine Gegenbewegung zu diesem Trend formiert. Designer und Hobby-Schneider kamen also auf die Idee, aus Textilabfällen oder auch alten Kleidungsstücken neue Modekreationen zu schaffen. Dadurch soll der Wegwerf-Mentalität der Bevölkerung entgegengewirkt werden, was wiederum wertvolle Ressourcen und somit auch die Umwelt schont.

Es geht aber nicht ausschließlich um Wiederverwertung. Kleidungsstücke, die aus Abfällen produziert werden, sollen einen echten Mehrwert bieten. So wirkt eine aus Stoffresten designte Jacke im Idealfall nicht wie ein Stück aus der Altkleidersammlung, sondern ist ein echtes Designer-Stück, wie es auch auf den Laufstegen dieser Welt zu finden ist. In Berlin hat sich ein Upcycling-Label etabliert, welches den klangvollen Namen Aluc trägt und für seine Kreationen Verschnitte, Rollenenden oder Musterteile aus der Textilindustrie nutzt. All diese Textilien würden normalerweise einfach weggeworfen, das Label jedoch schenkt ihnen ein neues Leben und den Kunden damit neue und nachhaltige Kleidung.

Ein weiterer Pluspunkt der Upcycling Mode: Sie ist sehr individuell. Meist handelt es sich um echte Unikate. Gerade in unserer heutigen Gesellschaft, in der Individualität als ein hohes Gut angesehen wird, befriedigt dieser nachhaltige Trend das Bedürfnis des Einzelnen, sich von der breiten Masse abzusetzen und seine Persönlichkeit über die Kleidung zum Ausdruck zu bringen.

Viele junge Menschen greifen diesen Trend der Designer auf und versuchen sich selbst als Modeschöpfer. Alte Kleidungsstücke werden mit Stickereien, Nieten oder Löchern versehen oder aus Stoffresten entstehen zum Beispiel stylische Umhängetaschen. Doch auch Accessoires, Kissen oder Dekorationsartikel können aus alten Kleidungsstücken und Stoffresten gefertigt sein, wie der Blog von Nähmarie zeigt.

Upcycle your Home – Nachhaltige Möbel

Nicht nur in der Mode hat sich das Credo „Aus alt mach neu“ etabliert, auch beim Thema Wohndesign ist Upcycling längst kein Fremdwort mehr. Möbeldesigner erschaffen aus scheinbarem Müll neue Einrichtungsgegenstände oder Dekorationsartikel. Das Berliner „Museum der Dinge“ hat der Transformation von Gegenständen sogar eine eigene Ausstellung gewidmet.

Aus alten Dielen werden Esstische, ausgediente Armee-Seesäcken werden gemütliche Sitzsäcke und Europaletten werden zu Regalen oder Sitzbänken umfunktioniert. Gebrauchsspuren, die auf die ehemalige Funktion der verwendeten Materialien hinweisen, sind gewünscht. Jede Kerbe und jeder Fleck erzählen eine Geschichte und hauchen dem daraus entstandenen Möbelstück somit Leben ein.

Was bei Designern funktioniert, kann natürlich auch der ambitionierte Hobby-Bastler versuchen. Alte Möbelstücke, die schon Gebrauchsspuren aufweisen, lassen sich mit ein wenig Knowhow beispielsweise so bearbeiten, dass sie dem derzeit beliebten Shabby-Chic, also Möbelstücken, die bewusst verlebt aussehen, entsprechen. Eine Anleitung, wie Shabby-Chic Möbel selbst gemacht werden können, findet sich bei Helpster.de. Die Seite upcycleme bietet zudem eine ganze Upcycling-Community. Passionierte Upcycler können dort ihre Ideen hochladen und für jede neue Inspiration, die ihren Weg auf das Portal findet, wird ein Baum gepflanzt. Eine schöne Möglichkeit selbst kreativ zu werden, andere zu inspirieren und zudem noch etwas Gutes für die Umwelt zu tun.

Der Trend des Upcycling ist eine interessante Gegenbewegung zu unserer sehr auf Konsum hin ausgerichteten Gesellschaft. Im Hinblick auf die immer knapper werdenden Ressourcen und die zunehmenden Belastung der Umwelt ist die Wiederverwertung von Altem eine sehr gute Idee. Ob sich der Trend großflächig durchsetzen wird oder ob die Upcycler eine Nischenbewegung bleiben, bleibt abzuwarten. Egal ob Möbel oder Kleidung, wer selbst kreativ werden und Neues erschaffen statt Altes entsorgen will, findet dazu zahlreiche Inspirationen und Anleitungen im Internet.

In dem Artikel Sei kreativ – Do it yourself! findest du weitere Tipps.

Dies ist ein Gastbeitrag von Levke Reuter.

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