Ciao CO2! Eine portugiesische Insel will komplett auf fossile Brennstoffe verzichten

Erneuerbare Energie, Vehicle-to-Grid, Second-Life-Batteriespeicher und Cloud-Plattform – eine Kombination aus all dem soll eine Insel frei von fossilen Brennstoffen machen.

Autor*in Jasmina Schmidt, 04.06.19

Übersetzung Jasmina Schmidt:

Die Elektromobilität soll die Abwendung von fossilen Brennstoffen zur Fortbewegung ermöglichen. Doch damit das passieren kann, muss auch der Strom, den die Fahrzeuge verwenden, aus erneuerbaren Energien stammen. Ansonsten verlagert sich der Ausstoß der Emissionen nur vom Fahrzeug zum Kraftwerk. Die Produktion von erneuerbaren Energien unterliegt naturbedingt jedoch Schwankungen. Der Wind weht nicht immer gleichmäßig, des Nachts kann keine Solarenergie erzeugt werden und auch tagsüber scheint die Sonne nicht immer auf die Solaranlagen. Manchmal wird aber auch mehr Energie erzeugt, als gebraucht wird. Das Münchner Unternehmen The Mobility House arbeitet deswegen an einer Vehicle-to-Grid-Lösung (V2G), in der E-Autos als Zwischenspeicher für Energie dienen. Ein anderes Projekt von The Mobility House beschäftigt sich mit ausrangierten E-Auto-Batterien als Speicher für Überschüsse in der Energieproduktion, also Second-Life-Batteriespeichern.

Diese zwei Innovationsstränge von V2G und Second-Life Batteriespeicher werden nun mit einer Software, dem sogenannten „Marketplace verknüpft. The Mobility House arbeitet hierfür mit dem Autohersteller Renault und dem Energieversorger Empresa de Electricidade da Madeira auf der portugiesischen Insel Porto Santo zusammen. Porto Santo liegt im Atlantik, etwa 40 km von Madeira entfernt. Ungefähr 5.500 Menschen leben auf der 42 km2 großen Insel. Diese Größe bietet eine gute Ausgangsgrundlage für das Projekt, dessen Ziel die ein Smart Fossil Free Island ist. Das Pilotprojekt startete Anfang 2018. Im Juni wurden 20 Elektroautos von Renault an Bewohner*innen der Insel und öffentliche Einrichtungen wie z.B. der Polizei übergeben. Damit sollen die verschiedenen Anforderungen des Alltags an E-Autos getestet werden. 40 Ladestationen wurden auf der Insel installiert, die mit einem Controller ausgestattet und mit dem Internet verbunden sind.

Die Marketplace-Software, die die Elektroautos, Batteriespeicher und das Stromnetz verbindet, ist Cloud-basiert und überblickt Angebot und Nachfrage des Energiebedarfs. Wenn mehr Energie durch erneuerbare Quellen produziert wird als gerade benötigt, wird dieser Strom an stationäre Speicher, also z.B. an angeschlossene E-Autos oder Batterien abgegeben. Wenn die Nachfrage größer ist als der von nachhaltigen Quellen produzierte Strom, geben diese stationären Speicher die Energie wieder ans Netz ab. Um trotzdem mit dem Fahrzeug von A nach B zu kommen, kann über eine App geregelt werden, wie viel Energie im Auto mindestens gespeichert werden soll. Durch die überschaubare Größe der Insel sollte die Reichweite von E-Autos sowieso kein großes Problem darstellen. Deshalb bleibt abzuwarten, ob sich die Ergebnisse des Projekts auch hochskalieren lassen, wenn eine höhere Reichweite notwendig ist.

Laut The Mobility House beträgt der momentane Anteil an erneuerbaren Energien im Energie-Mix der Insel 15 Prozent. Dabei werden 1,1 Megawatt durch Windenergie und 2,0 Megawatt durch Solarenergie erzeugt. Ein Großteil der restlichen Energie wird zur Zeit noch durch Diesel-Generatoren gewonnen, da das Stromnetz relativ klein und isoliert ist. Das soll sich ändern, denn das Ziel ist, die Insel frei von fossilen Brennstoffen zu bekommen.

„In Porto Santo können wir beweisen, dass eine Welt ohne fossile Brennstoffe möglich ist, so Thomas Raffeiner, Gründer und CEO von The Mobility House. Auf lange Sicht sollen mehr Wind- und Solarkraftanlagen installiert werden. Nach wie vor sind jedoch die Produktionsweisen der Batterien, die für solch ein Vorhaben benötigt werden, nicht gerade für ihre Nachhaltigkeit bekannt; vor allem der Abbau von Lithium und anderen seltenen Materialien wirkt sich negativ auf ihre Umweltbilanz aus. Ein Schritt in die richtige Richtung ist die Wiederverwendung aussortierter Autobatterien, die bei dem Projekt als Speicher dienen und somit nicht einfach auf dem Schrottplatz landen. Es bleibt eine Frage, die sich weiterhin und für den gesamten Sektor der Elektromobilität stellt: Wie kann die Produktion der E-Fahrzeuge nachhaltiger gestaltet werden?

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