TATENDRANG: Und PENG! Jean Peters über zivilen Ungehorsam

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Die Berliner Aktionsgruppe Peng Kollektiv wirbt für mehr Aktionen zivilen Ungehorsams und eine subversive Protestkultur. Zuletzt für Aufsehen gesorgt haben die Spaßguerilla mit einer Aktion auf dem Science Slam von Shell. Wir haben Jean Peters, einem der Aktivisten des Peng Kollektivs, ein paar Fragen gestellt.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 20.03.14

Der Science Slam des Ölkonzerns Shell Ende 2013 versank irgendwann im Chaos. In einem der Beiträge wollten zwei Naturwissenschaftler einen Motor vorführen, der angeblich die Luft reinigt. Doch der Motor flog in die Luft und verspritzte literweise Öl. Die zähe, dunkle Flüssigkeit war ein Öl-Imitat und die Vorführung entpuppte sich als Protest gegen Öl-Bohrungen in der Arktis. Die Botschaft: „Hier kann man den Stecker ziehen, in der Arktis nicht“. Die Aktion schaffte es bis in US-amerikanische und afrikanische Medien.

Und auch die Kampagnenseite DemocReady, auf dem Unternehmen z.B. das Anti-Protest-Package oder ein Partizipationspaket für Scheinpartizipationsangebote „bestellen“ können geht auf eben diese umtriebigen Spaßguerilla zurück. Wer dahintersteckt? Das Peng Kollektiv ist eine Gruppe von Aktivist_innen, Künstler_innen, Handwerker_innen und Wissenschaftler_innen, die sich auf subversive Strategien, Adbusting, kreativen Straßenprotest, Clownerie und Fake Identities im Netz spezialisiert haben. Die wichtigste Zutat für ihre Kampagnen und Workshops: Humor.

Auf der reCampaign nächste Woche werden Jean Peters und Faith Bosworth, beide aktiv im Peng Kollektiv, in ihrem Workshop „Zeit für Sabotage! – Ziviler Ungehorsam mit Humor“ die Möglichkeiten eines humorvollen zivilen Ungehorsams aufzeigen. Dazu Jean Peters vorab im Interview.

Was bedeutet ziviler Ungehorsam für das Peng Kollektiv?
Ziviler Ungehorsam bedeutet offiziell verfassungsgemäßen Regelbruch. Das heisst, die Zivilgerichte bestrafen einen, und die Verfassungsgerichte sprechen einen frei. Aber dazu kommt es meistens nicht, weil die Leute, deren Arbeit wir sabotieren, kein Interesse daran haben, dass wir uns mit JournalistInnen vor Gericht treffen. Da hilft es manchmal auch, in deren Namen, zu dementieren oder sich selbst anzuzeigen.

Warum gibt es das Peng Kollektiv? Was macht ihr genau?
Am liebsten gäbe es uns nicht. Und wir lösen uns auch gerne auf. Aber momentan scheint es so, als hätte Aktivismus, Sabotage und Subversion Konjunktur, nur traut sich niemand. Die NGO Szene schaut immer noch danach, wie sie sich um jeden Preis anpassen kann. Pastellfarben sind da mein persönlicher Tipp. Machen wir mal eine Liste der kulturellen Abartigkeiten, die man einem Kind nicht plausibel erklären kann und vergleicht diese mit der Schlagkraft der NGOs, die immerhin das Interesse der Zivilgesellschaft vertreten wollen, ist das fast lächerlich. Wir sind also nun da, um alle zu ermutigen, etwas stärker für Veränderung einzustehen.

Ihr interagiert und interveniert viel im Digitalen? Warum?
Das Digitale ist ein Medium, die Interventionen sind Werkzeuge. Ich kotze einem Idioten auch gern mal mündlich auf den Tisch. Mit anderen Worten: es kommt ganz auf den Kontext an, welche Aktionsmittel und Kommunikationsformen wir bei einer Kampagne ansetzen. Die Grenzen des digitalen sind offensichtlich: Es hat noch kein Umsturz allein mittels der digitalen Medien stattgefunden, die deutsche NGO-Szene geht bisher auch sehr leichtsinnig mit Datenschutz um. Aber dadurch, dass die meisten noch nicht mit dem Internet umgehen können, kann man da auch viel rumpanschen – eben als ein Werkzeug unter vielen.

Gibt es eine Aktion, die Du als besonders gelungen bezeichnen würdest?
Ich würde Piratenpunke und Wirkung zählen. Ein Rentner hat einen Panzer in Ungarn gekapert. Hat nicht wirklich was gebracht, aber es hat ihm Spaß gemacht. Die Panzer-Kampagne des Zentrums für politische Schönheit hat den Panzerdeal von Deutschland und Saudi Arabien immerhin gekippt. Das war richtig gut ausgeklügelt und sehr erfolgreich auf die Kacke gehauen. Die Space Hijacker haben wiederum einen Panzer per Crowdfunding gekauft und ihn beim G8 Gipfel vor der Bank of Scotland abgestellt. Aber das sind nur ein paar Panzergeschichten, die ziehen immer gut.

Es gibt auch viele sehr gelungene Aktionen ohne Panzer, wobei ich die Details spannend finde. Was mir aber auch auffällt ist, dass einerseits wenig Leute sich wirklich was trauen, selbst wenn sie Vollzeit für Gesellschaftswandel bezahlt werden und zugleich sehr begeistert von Deppen wie uns sind, die einfach mal ein bissl Spektakel veranstalten.

Und die Frage zur Zukunft: Was habt ihr vor?
Wir hoffen auf Gönner, die uns wirklich große Aktionen ermöglichen. Um uns danach aufzulösen.

Na dann, viel Erfolg!

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