TATENDRANG: Drones and Satellites for Good – RESET im Interview mit Drone Adventures

Mit Drohnen im Einsatz für die gute Sache. Seit zwei Jahren arbeitet das Team von Drone Adventures genau daran. Mit Drohnen-Technologie helfen sie den Menschen nach Naturkatastrophen oder setzen sich für den Erhalt bedrohter Tierarten ein. Für das RESET-Spezial Drones and Satellites for Good sprachen wir mit Emanuele Lubrano, dem Mitbegründer von Drone Adventures.

Autor*in Laura Holzäpfel, 16.07.15

Die relativ geringen Kosten und die Schnelligkeit, mit der Drohnen Daten sammeln und Informationen über abgelegene Regionen bereitstellen können, hat eine Reihe von Aktivisten und Organisationen auf den Plan gerufen, die diese Technologie für einen positiven Wandel nutzen wollen. 2013 gegründet und mit Sitz in der Schweiz, arbeitet Drone Adventures daran, gemeinsam mit Aktivisten, Wissenschaftlern, Unternehmen, Institutionen und NGOs Projekte zu realisieren, die die Drohnen-Technologie einsetzen, um den Planeten zu schützen, Katastrophenhilfe zu organisieren oder Kulturen zu bewahren.

Das Team von Drone Adventures unterstützte beispielsweise die philippinische Bevölkerung nach dem verheerenden Taifun Haiyan, der den Inselstaat vollkommen verwüstete und zahlreiche Opfer forderte. Mit Hilfe der Drohnen konnten unzugängliche Gebiete kartographiert werden und so ein besseres Bild vom Ausmaß der Katastrophe gewonnen werden. Auch bei den Aufräumaktionen und dem Wiederaufbau nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 half Drone Adventures, ebenso wie nach dem schweren Erdbeben in Haiti. Hier waren es vor allem mit Drohnen-Technologie erstellte 3D-Modelle, die der Katastrophenhilfe vor Ort halfen.

RESET sprach mit Mitbegründer und Vizepräsident von Drone Adventures Emanuele Lubrano und wollten wissen, warum sie an den Einsatz von Drohnen für die gute Sache glauben und wie ihre Arbeit mit den fliegenden Quadrocoptern tagtäglich aussieht.

Drohnen haben ein zwiespältiges Image in der Öffentlichkeit. Wie seid ihr darauf gekommen, sie für eine nachhaltige Entwicklung einzusetzen?

Ich und meine Kollegen bei Drone Adventures arbeiten gleichzeitig für den Schweizer Drohnenhersteller senseFly. Das heißt, wir kennen uns wirklich gut aus mit dieser Technologie und wissen, dass zivile Drohnen absolut harmlos sind. Natürlich kennen wir auch den schlechten Ruf, den sie in der Öffentlichkeit haben.

Wir wollten etwas tun, um genau diesem schlechte Image entgegenzuwirken. Eigentlich war es überhaupt das ganze Ziel von Drone Adventures, zu zeigen, dass Drohnen auch gute Dinge bewirken können… abgesehen davon, dass wir es natürlich lieben, einfach für die gute Sache selbst zu arbeiten.

Für welche Themen setzt ihr Drohnen konkret ein?

Momentan arbeiten wir sehr viel mit den eBee-Drohnen von senseFly. Diese Drohnen sind speziell für das Erstellen von Karten und für Luftaufnahmen geeignet. Sind die Daten einmal erfasst, ist das Spektrum der Möglichkeiten, sie sinnvoll einzusetzen, nahezu endlos. Demnach arbeiten auch wir an einer Reihe von Projekten mit, die viele unterschiedliche Ziele verfolgen:

  • das Kartographieren von Slums zur Erhebung von Bevölkerungszahlen
  • die Simulation von Wasserbewegungen in Schluchten durch 3D-Modelle, um beim Bau von Dämmen zu helfen
  • das Zählen von wilden Tieren in der Savanne, um den Artenschutz zu unterstützen
  • das Kartographieren von Landminen-Gebieten
  • das Erstellen von Karten oder 3D-Modellen für Erhebungen, um administrative Selbstkontrolle der Menschen vor Ort zu ermöglichen
  • Archäologische Forschungen
  • und die Lagebeurteilung nach Katastrophen durch 2D- und 3D-Modelle

Mittlerweile kaufen und nutzen die Menschen zivile Drohnen für viele Aspekte (Kartierung, Landwirtschaft, etc.) Wir von unserer Seite wollen die Technologie ans Limit bringen und suchen gezielt nach Projekten, die alles andere als „Standard“ sind.

Wie sieht euer Arbeitsprozess im Einzelnen aus? Also von der Auswahl der Projekte bis hin zur Planung und Durchführung eurer Arbeit.

Im Allgemeinen kontaktieren uns Organisationen aller Art, die Daten über ein bestimmtes Gebiet benötigen. Das können z.B. Anfragen für 2D- oder 3D-Modelle sein. Wir wählen dann jene Projekte aus, die einen tatsächlichen humanitären Zweck verfolgen oder sich für den Schutz von Umwelt und Kultur einsetzen. Damit wir auch wirklich am Ende Ergebnisse vorweisen können, müssen die Projekte einen konkreten Nutzen verfolgen, wie zum Beispiel den Bau einer Brücke oder die Rettung einer Tierart. Vor allem finden wir natürlich Konzepte spannend, die nicht ganz so einfach umzusetzen sind und Gebiete, in denen es schwer ist, mit den Drohnen zu fliegen.

Wenn wir uns dann entschieden haben, reisen wir und unsere Drohnen zum Einsatzgebiet und bleiben für ein bis zwei Wochen vor Ort. Wir überlegen uns, welche Aufnahmen aus der Luft wohl gebraucht werden, um das Projektziel zu erreichen und dann fliegen wir mit unseren Drohnen los und machen diese Aufnahmen.

In unserer Home-Base in der Schweiz geht es dann ans Auswerten der Daten. Das bedeutet, dass wir alle gemachten Bilder zusammenfügen und daraus Karten oder 3D-Modelle der Region erstellen. Dann schicken wir alles zu unserem Klienten, der unsere Erhebungen dann verwertet.

Welche Highlights sind dir ganz besonders in Erinnerung geblieben?

Auch wenn Drone Adventures erst zwei Jahre alt ist, haben wir schon eine Menge interessanter Projekte begleitet. Jedes Projekt hat dabei seine eigene Geschichte, ist ein Abenteuer, das dich neue Orte entdecken lässt und neue Menschen treffen. Ich würde sagen, dass wir dabei jedes Mal eine Erfahrung hinzugewinnen, die uns alle bereichert.

Zum Beispiel war es ein unglaubliches Erlebnis für mich, die Menschen in Haiti zu treffen… Oder in Lima zu sein und den Menschen dort zu helfen. Das war etwas absolut anderes, als nur als Tourist dort zu sein. Unglaublich fand ich auch unsere Arbeit in der Savanne Namibias. Ich meine die Halbwüste war quasi unser Büro, mit all der Wildnis um uns herum.

Was sind die Herausforderungen, denen ihr euch stelle müsst, wenn ihr in diesem Feld arbeitet?

Selbst wenn Drohnen im Allgemeinen einen eher schlechten Ruf haben, war das für uns bisher kein Problem. Die senseFly-Drohnen mit denen wir arbeiten, sehen absolut harmlos aus und Leute, die neugierig sind, können kommen und die Drohnen und uns in Aktion sehen. Die Herausforderungen sind also vielmehr technischer Natur. Das Fliegen in engen Tälern und in großen Höhen zum Beispiel oder punktgenaue Landungen.

Was sind die Zukunftspläne für Drone Adventures?

Das, was wir uns für die Zukunft vornehmen ist eigentlich genau das, was wir ohnehin schon tun – nur noch größer und besser! Wir wollen z.B. Kooperationen zwischen unsere Klienten und unseren technischen Partnern schaffen. Außerdem wäre es toll, wenn wir mehrere Home-Bases rund um die Welt hätten, damit unser Team schneller einsatzbereit ist. Vielleicht haben wir irgendwann einmal lokale Teams, die extra dafür ausgebildet sind, im Katastrophenfall schnell zu reagieren oder konstante Hilfe in bestimmten Fällen leisten zu können.

Ganz allgemein: Was denkst du, welche Rolle werden digitale Werkzeuge in Zukunft auf dem humanitären und dem Umwelt-Sektor spielen?

Technologie wird in den nächsten Jahren DIE entscheidende Rolle spielen, wenn es um humanitäre Angelegenheiten oder um Natur- und Artenschutz geht. Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen. Technologie – vor allem wenn sie bezahlbar und leicht zu händeln ist – hilft den Menschen dabei, sich selbst zu helfen. Es ist unglaublich zu sehen, wie schnell Hilfe bedürftige Menschen zum Beispiel nach Naturkatstrophen allein durch Twitter und mit Smartphones geortet werden können. Neulich habe von einem interessanten Projekt gehört, dass es möglich macht, mit einer speziellen Linse jede Smartphone-Kamera zu einem Hilfswerkzeug für Augenärzte zu machen.

Freunde von mir haben Equipment entwickelt, dass es ermöglicht, Röntgenaufnahmen in Entwicklungsländern durchzuführen. Es gibt Start-Ups, die mit preiswerter Massenproduktion Prothesen herstellen, die den Menschen zu Gute kommen, die einen Arm oder ein Bein im Mienenfeld verloren haben. Es gibt so viele dieser Beispiele auf allen möglichen Gebieten. Drohnen sind nur ein Teil dieser Entwicklung. Unsere Arbeit erlaubt es den Menschen vor allem auf kostengünstige Weise an aktuelle Karten über bestimmte Regionen zu kommen, Erhebungen zu Bevölkerungszahlen durchzuführen, Simulationen zu machen, Tiere zu zählen und sie kann noch so viel mehr. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt!

Wenn ihr mehr erfahren wollt, geht es hier zur Webseite von Drone Adventures.

Das Interview im Original führte Anna Rees für RESET International. Text übersetzt von Laura Holzäpfel / RESET 2015

TATENDRANG ist das Interviewformat von RESET. Wir wollen wissen, wie unsere Interviewpartner zu ihren spannenden, innovativen und einzigartigen Projekten und Ideen aus den Bereichen Umwelt und globale Gerechtigkeit kamen, warum sie sich für genau das Thema einsetzen und wie schwer oder einfach sich das Projekt durchführen ließ. Damit wollen wir Ideen streuen, Projekte präsentieren und zu Aktionen anregen. Wir denken: Die Welt verändern kann jeder! Alle Interviews findest du hier: TATENDRANG

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