Stadtlaube 2.0: Diversität fängt im Garten an

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Vortrag vor sortenreichem Tisch...

Kartoffeln, Tomaten, Paprika und anderes Gewächs gibt es in hunderten Varianten. In Supermarktregal und Garten landet davon nur ein Bruchteil. Worum geht es bei der Diversität von Kulturpflanzen und warum ist sie schützenwert? Und was kann jeder dazu beitragen, ob mit oder ohne eigenen Garten?

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 15.10.12

 

In kleiner Runde hat uns Gunilla Lissek-Wolf vom Verein VERN bei der letzten Veranstaltung der Stadtlaube 2.0 in die Welt des Saatguts, der kulturellen Biodiversität und der Saatgutgewinnung eingeführt.

Was ist kulturelle Diversität?

Wird von Biodiversität gesprochen, denen die allermeisten von uns an vom Aussterben bedrohte Tierarten. Doch auch bei unseren Kulturpflanzen wird von Biodiversität gesprochen – und auch hier gibt es ein beständiges „Artensterben“. In den letzten hundert Jahren sind z.B. aus den verschiedensten Getreidesorten ein paar wenige geworden; gab es beim Weizen vor 100 Jahren noch 23 Varietäten, gibt es heute  nur noch eine. Generell gilt: Die Auswahl an Obst, Gemüse, Getreide und anderen Gewächsen ist nur ein Bruchteil dessen, was noch Anfang des letzen Jahrhunderts exstierte. Wie es dazu kam? Durch jahrezehntelange Züchtung und Auslese, aber auch Konkurrenz und Patente auf dem umkämpften Saatgutmarkt wurden wenige „Idealzüchtungen“ hervorgebracht. Ideal, weil sie auf die industrialisierte Landwirtschaft und unsere heutigen Konsumgewohnheiten zugeschnitten sind; denn wer will schon Tomaten, die sich schlecht transportieren lassen, weil ihre Schale zu dünn ist oder Äpfel, die erst schmecken, wenn sie eine lange Weile im Keller gelagert wurden?

Der Wert der Vielfalt

Doch ohne die Vielfalt der Sorten sehen unsere Gärten und Supermarktregale nicht nur eintöniger aus, sondern es gehen auch wichtige Informationen verloren, die für neue Züchtungen wichtig sein können. Durch das Klima veränderte Anbaubedingungen können Eigenschaften alter Sorten wieder interessant und wünschendwert machen. Und auch die ästhethischen Vorstellungen ändern sich: gewann vor wenigen Jahren noch der giftgrüne Apfel das Rennen um die meisten Käufer, ist es heute wohl eher der „natürliche“ Typ. Doch ohne alte „Vorlagen“, die in neue Züchtungen wieder eingebracht  werden können, kann auch der Apfel nicht mit der Zeit gehen.

Von Rettern und Bewahrern des Saatguts

Doch so ganz verloren sind sie noch nicht, die alten Sorten. Verschiedene Institutionen, wie z.B. große Samenbanken und auch Vereine kümmern sich um den Erhalt der Formenvielfalt. Wie z.B. auch der VERN: Am Rande von Berlin lagert der Verein alte Sorten in vielen tausend Gefäßen. Von Zeit zu Zeit werden einzelne Sorten gepflanzt, um die Keimfähigkeit des Saatguts zu erhalten und im Schaugarten für Besucher erfahrbar zu machen. Samen vergibt der VERN an alle Interessierten und auch der Schaugarten lässt sich jederzeit besichtigen.

Saatgewinnung für Anfänger und Fortgeschrittene

Für die meisten Gärtner ist der Gang zum Baumarkt selbstverständlich, nicht aber Kenntnisse über die Gewinnung der Samen aus dem eigenen Obst- und Gemüse.  Bei manchen Pflanzen lassen sich die Samen leicht gewinnen, wie sich z.B. die Kerne der Sonnenblume einfach aus der Blüte pflücken lassen. Schwieriger wird es bei „Hülsengewächsen“. Im Workshp haben wir uns darin probiert: zuerst haben wir einen Sack Senfsamen gedroschen, um die Samen aus den Hüllen zu lösen, dann haben wir in großen Sieben mit schwungvollen Bewegungen die Samen gereinigt. Doch das ist nur eine Technik unter vielen. Der VERN und Social Seeds – der Berliner Verein für Kulturpflanzenvielfalt in Berliner Gemeinschaftsgärten – bieten Workshops zu den verschiedensten Arten der Saatgutgewinnung an und regelmäßige Pflanzen- und Samentauschmärkte.

Vielen Dank an Gunilla noch mal für diese sehr erhellenden Stunden.

Mehr Infos zur Arbeit des VERN: http://vern.de/

Die Aktionen von Social Seeds findet ihr hier: http://www.social-seeds.net/

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