Satelliten entlarven Schwefeldioxid-Verschmutzer aus dem All

An Board von Sentinel-5P: ausgeklügelte Technologien

Europas neuester Sentinel-Satellit kann nicht nur die verschiedensten Schadstoffen in der Atmosphäre aufzeigen, sondern zurückverfolgen, woher sie stammen.

Autor*in Mark Newton, 23.07.18

Wenn es um Schadstoffe in der Luft geht, dann denken die meisten zuerst an CO2-Emissionen. Doch auch wenn wir es in Puncto Klimawandel vor allem mit diesem Gas zu tun haben, so gibt es doch eine ganze Schurkengalerie mit Schadstoffen, die ebenfalls zur Umweltzerstörung beitragen – doch diese stehen nicht unbedingt im Rampenlicht.

Ein solcher Schadstoff ist z.B. Schwefeldioxid (SO2). Die Verbindung wird häufig durch Erzverhüttung und Verbrennung von Öl und Kohle in Kraftwerken freigesetzt. Schwefeldioxid ist nicht nur reizend und luftverschmutzend, sondern kann sich auch mit dem Wasser in der Luft vermischen und zu „saurem Regen“ werden, der die Pflanzenwelt und die Wasserqualität von Bächen und Seen zerstört. Um gegen SO2 vorzugehen ist es daher eine der größten Herausforderungen, zu verstehen, wo der Schadstoff entsteht, wie er „reist“ und vom Menschen verursachten SO2-Quellen von natürlichen – wie z.B. Vulkanen – zu unterscheiden.

Glücklicherweise ist ein europäischer Satellit, Sentinel-5P, jetzt in der Lage, das Vorhandensein von Schwefeldioxid in der Atmosphäre zu erkennen und die Quelle ausfindig zu machen. Mit den neu gewonnen Daten und Erkenntnissen können dann in einem nächsten Schritt verschiedene Institutionen das Problem besser angehen.

Der 2017 gestartete Satellit Sentinel-5P ist eine Zusammenarbeit zwischen drei europäischen Nationen im Rahmen des EU-Programms Copernicus Earth-Monitoring. Der von Airbus in Großbritannien gebaute Satellit verfügt über spezielle Instrumente, die in den Niederlanden entwickelt wurden, während belgische Experten dabei helfen, die Informationen zu entschlüsseln. Das Juwel in der Krone von Sentinel-5P ist das Tropomi (TROPOspheric Monitoring Instrument), ein Spektrometer, das die Erdatmosphäre durch ultraviolette- (UV), sichtbare- (VIS), nahe- (NIR) und kurzwellige Infrarot- Spektren ((SWIR) scannen kann.

Mit dem Tropomi kann Sentinel-5P eine breite Palette von Schadstoffen, wie z.B. Ozon, Methan, Kohlenmonoxid und Schwefeldioxid, mit bisher unerreichter Auflösung und Genauigkeit hervorheben.

Dem Schwefeldioxid auf der Spur

Obwohl Sentinel-5P noch nicht voll einsatzfähig ist, entschied sich das Team, Teile seiner Schwefeldioxid-Funde schon jetzt aufzudecken und so die Fähigkeiten des Satelliten zu veranschaulichen. Dabei hat das Tropomi-Instrument die wichtigsten Verursacher von Schwefeldioxid gezeigt. Weit vorne: die Ölindustrie am Arabischen Golf und indische Kohlekraftwerke.

Auch wenn die Schwefelemissionen der russischen Bergbau- und Hüttenindustrie im Vergleich zu Kraftwerken gering sind, so haben sie besondere Aufmerksamkeit erhalten. Die Emissionen der Kraftwerke werden vor dem Eintritt in die Atmosphäre zumindest teilweise „gewaschen“, wobei einige der schädlichsten Schadstoffe entfernt werden; bei Schmelzbetrieben ist das jedoch nicht üblich. So ist beispielsweise die sibirische Hüttenstadt Norilsk, in der Eisen und Nichteisenmetalle ausgeschmolzen (verhüttet) werden, für 1 % aller weltweiten Schwefeldioxidemissionen verantwortlich und weist eine Schwefeldioxidkonzentration auf, die tausendmal höher liegt als der europäische Durchschnitt. Dr. Nicolas Theys vom Royal Belgian Institute for Space Aeronomy (BIRA-IASB) dazu gegenüber der BBC:

Wir können die verschiedenen Kraftwerke schon jetzt klar unterscheiden. Und wenn die Genauigkeit unserer Daten sich weiter verbessert und der „Lärm“ reduziert wird, sind wir wahrscheinlich in der Lage, die Menge der Emissionen einzelner Kraftwerke und Anlagen abzuschätzen.

Insbesondere die Norilsk-Daten zeigen, wie sich Schwefeldioxid in der Atmosphäre bewegt und welche unterschiedlichen Transportwege der Schadstoff nimmt. Mit diesen Informationen können NGOs und staatliche Institutionen Schadstoffproduzenten mit direkten Beweisen für Umweltschäden an anderen Orten in Verbindung bringen – was ein starkes Verantwortungsgefühl schafft.

Das Team hinter den Sentinel-Satelliten hofft, dass diese Informationen auch besser in die Wetterberichterstattung im Fernsehen und über Apps eingebunden werden können, um die Öffentlichkeit über die Luftqualität sowie die Gefahren von Schwefeldioxid und anderen Schadstoffen zu informieren.

Was die Zukunft des Satelliten betrifft, so wird Sentinel-5P in Kürze mit dem Tropomi-Instrument zur Detektion von Kohlenmonoxid und Stickstoffdioxid in der Atmosphäre in Betrieb gehen. Das Team bastelt noch an den letzten Elementen seiner Schwefeldioxid-Detektion, die voraussichtlich im Herbst dieses Jahres in Betrieb gehen.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut und erschein im Original auf unserer englischsprachigen Seite.

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