Good On You: Mit einer App nachhaltige Mode sofort erkennen

Die App Good On You erleichtert mit einem Fünf-Stufen-System die Bewertung verschiedener Modemarken und hilft Kundinnen und Kunden nachhaltig einzukaufen.

Autor*in Felix Dunkl, 28.01.19

Über 90 Prozent der in Deutschland verkauften Mode wird aus anderen Ländern importiert, meist aus Ländern in Asien oder Afrika. Wie Bekleidung hergestellt wird, inwiefern Menschenrechte beachtet werden oder wie effizient Rohstoffe eingesetzt werden, ist dabei für die Verbraucherinnen und Verbraucher kaum nachvollziehbar.

Auch die gigantische CO2-Bilanz, die vorwiegend durch billig produzierte Textilien verursacht wird, ist erschreckend: Für über eine Milliarde Tonnen CO2 ist die gesamte Textilproduktion weltweit verantwortlich – das ist weit mehr als die Summe aller internationalen Flüge und Schifffahrten innerhalb eines Kalenderjahres – von der unglaublichen Menge an Chemikalien, die in den Wasserkreislauf gepumpt werden, ganz zu schweigen.

Doch woher sollen die Konsumenten wissen, welche Kleidung wie hergestellt wird? Insbesondere wenn das schicke Kleid im Schaufenster überzeugt, die Hose gerade extrem reduziert verkauft oder spontan ein neues Hemd benötigt wird? Um eine Hilfestellung zu geben, hat sich das Startup Good On You gegründet.

Das Fünf-Stufen-Bewertungssystem

Mittels einer App kann innerhalb kürzester Zeit geklärt werden, unter welchen Bedingungen verschiedene Modelabels ihre Produkte produzieren oder inwieweit ein Nachhaltigkeitsgedanke in der Firmenstruktur verankert ist. Die App unterscheidet dabei zwischen fünf Kategorien: Von „Marke meiden“ (Kategorie 1) über „ein guter Anfang“ (Kategorie 3) bis zur Kauf-Empfehlung (Kategorie 5). Sowohl Umweltbilanz als auch Menschen- und Tierrechte sind dabei ausschlaggebend.

Für die Analyse werden die von den Unternehmen herausgegebenen Daten mit Statistiken und Informationen von NGOs, Stiftungen und Untersuchungen verglichen und überprüft. Geprüft wird etwa, ob innerhalb der Lieferkette Kinder- oder Zwangsarbeit stattfindet, ob ein existenzsichernder Lohn für die Arbeiterinnen und Arbeiter gezahlt wird, ob ein Recht auf einen Gewerkschaftseintritt für ebenjene besteht, wie es um die Sicherheit am Arbeitsplatz bestellt ist oder welche Lieferantendienste in Anspruch genommen werden. Auch Energieverbrauch sowie Ressourcennutzung und -entsorgung fließen in das Ergebnis ein, ebenso wie die Nutzung von Pelz, Tierhaut oder die Bedingungen von Wolle. Durch die Analyse von mittlerweile über 2.000 Modemarken wurde Good On You in den letzten fünf Jahren zur weltweit größten Datenbank im Bezug auf Nachhaltigkeit für Modeunternehmen.

Modemarken werden aufmerksam

Entstanden ist das Startup 2013, nachdem in Bangladesch ein Fabrikgebäude mit mehr als 1.500 Menschen einstürzte, die unter prekären Bedingungen für Modeunternehmen arbeiteten. In Gesprächen mit Freunden und Bekannten kam Sandra Capponi zu dem Entschluss, dass eine Vielzahl von Menschen bereit wäre, fair produzierte Kleidung zu kaufen, die meisten Modemarken aber keinen Einblick in ihre Produktionsbedingungen geben.

Nachdem die App in Australien schnell zu einem Erfolg wurde – nach acht Tagen nutzten bereits über 15.000 Menschen den Servicedienst –, wurde 2017 die App auf den amerikanischen und kanadischen Markt ausgeweitet. Seit Ende des Jahres 2018 wird nun auch der europäische Markt fokussiert: Bereits 500 Marken, die vor allem in Europa gekauft werden, sind analysiert. Die Tendenz ist steigend und der wachsende Einfluss von Good On You macht sich bemerkbar. So erweitert der ursprünglich für Verbraucherinnen und Verbraucher angedachte Servicedienst seine Dienstleistung: Mittlerweile berät Good On You verschiedene Marken, was sie in ihrer Firmenphilosophie und in ihrer Produktionskette ändern müssen, um bessere Bewertungen zu erhalten (und somit nachhaltiger zu produzieren).

Damit noch mehr Menschen die App nutzen und Einkäufe einfach und schnell nachhaltig gestalten werden können, müsste Good On You allerdings die notwendige Registrierung abschaffen, die der App teilweise massive Kritik einbringt. Dennoch: Die App ist ein „guter Anfang“, der Hoffnung auf mehr macht.

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