Im Jahr 1899 hatte Camille Jenatzy mit der „La Jamais Contente“ bereits einen Rekord aufgestellt und das Elektroauto auf über 100 km/h beschleunigt. Trotzdem zweifeln auch heute noch viele Leute an der Praktikabilität der Elektromobilität und ob sie sich auch außerhalb von Städten lohnt. „Landmobil-e“ tritt den Gegenbeweis dafür an.
Das Ziel des Projekts ist es, E-Mobilität auch im ländlichen Raum attraktiver zu machen. Unterstützt wird Landmobil-e von der bayerischen Verwaltung für ländliche Entwicklung. Im Zuge des Modellprojekts waren in zwölf bayrischen Gemeinden zwischen Mai und November 2016 E-Autos im kostenfreien Testeinsatz. Rund 500 Teilnehmer kamen so in Versuchung und waren – vom Mobilitätsbeauftragten über den Bürgermeister bis hin zur Landtagsabgeordneten – begeistert.
Ladesäulen, Mobilitätsbeauftragte und Engagement
Damit E-Mobilität auch außerhalb der Stadt langfristig funktionieren kann, wurden die teilnehmenden Gemeinden zwischen München und Salzburg mit Ladesäulen ausgestattet. Zudem wurden Mobilitätsbeauftrage ernannt, die zusammen mit engagierten Bürgern Folgeprojekte koordinieren. Das soll die Elektromobilität langfristig in den Gemeinden verankern. Ein Ansatz, der erfolgreich scheint: Die Gemeinde Feldkirchen-Westerham hatte an dem Projekt teilgenommen und in der Folge das erste Pedelec für Dienstfahrten der Rathaus-Mitarbeiter angeschafft. Ein weiterer Kauf ist in Planung.
Einige andere bayrische Gemeinden, wie Waging oder Tittmoning, haben sogar ein Carsharing-Projekt für Bürger und Gemeindemitarbeiter ins Leben gerufen. Das derzeit größte Projekt startet mit 35 bayrischen und österreichischen Kommunen, unter anderem in den Landkreisen Traunstein, Rosenheim und Miesbach sowie in Tirol 2017. Jede Gemeinde verpflichtet sich in diesem Rahmen zur Einrichtung einer Elektrotankstelle und zum Kauf eines E-Autos.
Das Amt für Ländliche Entwicklung Oberbayern hat insgesamt drei Schnelladesäulen und neun Basisladesäulen gefördert. Ihre Nutzung ist für die ersten zwei Jahre nach Installation kostenlos möglich. Der Bau der Ladesäulen ist dem Flottentest und dem Großprojekt, bei dem sich insgesamt 35 bayerische und österreichische Kommunen beteiligen, vorangegangen.
Ladepunkte im bayerischen Land
Unabhängig von dem Modell-Projekt wurden in der Gegend um den Chiemsee bereits 60 Ladepunkte gezählt, die unter anderem von Verwaltungen, E-Mobilitäts-Initiativen oder E-Carsharing-Initiativen betrieben werden. Zu finden sind Ladepunkte unter anderem über die Handy-App des Unternehmens „The new Motion“, die bereits 30.000 öffentlich zugänglich Ladepunkte in Europa listet, online im Ladeatlas Bayern, einem Kooperationsprojekt der Bayern Innovativ mit CIRRANTiC, einem bayerischen Startup und gefördert mit Mitteln des Freistaats Bayern, online bei GoingElectric, sowie online auf der Lademap von Ladenetz. Weitere Alternativen bieten Lemnet, PlugSurfing und Plugfinder.
Dass einem auf dem Land spontan der Strom ausgeht, weil keine Station zu finden ist, scheint also eher unwahrscheinlich.
Reichweite und Ladezeiten
Ergebnis des Versuchs in Bayern: Schon an den Basisladestationen wie in der Gemeinde Schleching, wo die Fahrzeuge im Juni auch von Privatpersonen geliehen werden konnten, waren die Elektroautos binnen fünf bis sechs Stunden wieder aufgetankt. Laut einiger Erfahrungsberichte reichte sogar eine Ladezeit zwischen einer und drei Stunden, um zwischen 120 und 150 Kilometer weit fahren zu können.
Bei optimaler Nutzung beträgt die Reichweite sogar bis zu 160 km, wobei auch der Fahrstil, die Strecke und Faktoren wie die Klimatisierung eine Rolle spielen. Einige Hersteller von Elektro-Autos konnten im vergangenen Jahr sogar Reichweiten von bis zu 500 Kilometern erreichen. E-Bikes schaffen es mit ihren 14,5 Ah-Akkus bei optimalen Bedingungen auf bis zu 100 Kilometer Reichweite.
Klappt E-Mobilität auf dem Land?
Ja! Die geringen Ladezeiten und die erweiterte Reichweite machen E-Mobilität auch im ländlichen Raum attraktiv. Gerade durch die gemeinschaftliche Organisation zwischen verschiedenen Initiativen, Gemeinde- und Landesverwaltungen scheint der Wandel vielversprechend. Insbesondere dann, wenn auch in Gemeinschaftsprojekten Carsharing-Angebote oder zusätzliche Ladesäulen geschaffen werden.
Im Gegensatz zu Tankstellen, die auf die Zufuhr von Kraftstoffen und deren sichere Verwahrung angewiesen sind, könnte die Einrichtung von Ladesäulen in Gemeinden, die ohnehin mit Strom versorgt sind, das geringere Übel sein. Da Strecken über 160 Kilometer auch im ländlichen Alltag eher selten die Regel sind, scheinen frühere Vorbehalte weitestgehend entkräftet. Wer regelmäßig Strecken von mehreren hundert Kilometern zurücklegen muss, wird zwar wahrscheinlich noch ein wenig auf Lösungen warten müssen – aber bereits jetzt arbeiten diverse Unternehmen, allen voran junge Startups mit frischen Ideen, an innovativen Ladeinfrastruktur-Konzepten.