Manche Staaten genießen weltweites Ansehen, das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft und –nicht zu vergessen- Kreditwürdigkeit. Doch es wäre ein Trugschluss zu glauben, dass die wirtschaftliche Leistung und der Reichtum eines Landes für dieses Ansehen sorgen würden, so Simon Anholt. Heutzutage ist es seiner Ansicht nach vielmehr der Beitrag eines Landes zum globalen Gemeinwohl, also die Wohltätigkeit eines Staates, welche die Beliebtheit steigert. Auf “gutes“ Handeln“ folgen Ansehen und Vertrauen, danach Stabilität, Kreditwürdigkeit und Verhandlungsmacht und dann erst überdurchschnittliche wirtschaftliche Leistung- so sieht es zumindest Anholt, der in Zusammenarbeit mit Dr. Robert Govers den Good Country Index entwickelte.
Gut im Sinne von selbstlos
Der Good Country Index listet insgesamt 125 Länder nach der zentralen Frage, wie viel ein Staat zum globalen Gemeinwohl, also zum Erhalt von Natur und Menschheit, beiträgt beziehungsweise davon wegnimmt. „Gut“ bedeutet hier nicht das Gegenteil von „schlecht“, sondern nimmt in diesem Fall die Bedeutung von „uneigennützig“ und „selbstlos“ ein.
35 Datensätze, zumeist aus UN-Studien, die in sieben Kategorien Themen wie Bildung, Wissenschaft, Krieg und Frieden, Handel, Kultur, Zensur, Umwelt und Freiheit abdecken, fließen in die Listung ein. Aus diesen Datensätzen lassen sich ein allgemeines Ranking sowie ein Ranking für jede Kategorie erstellen. Besonders dabei ist, dass in Hinblick auf Wachstum, Stabilität, Gerechtigkeit, Transparenz, Produktivität, Demokratie, Freiheit, Zufriedenheit, ect. nicht wie bei anderen Rankings jedes Land isoliert betrachtet, sondern die globale Gemeinschaft als Ganzes verstanden wird, der jeder Einzelne mehr oder weniger guttut.
In Moment werden alle Indikatoren gleichwertig gewichtet, denn „es ist Ansichtssache, ob beispielsweise der CO2 Ausstoß eine größere Gefahr als die Invasion in ein anderes Land für die Menschheit darstellt.“ Die Entwickler denken für Nachfolgerversionen über eine Zusatzfunktion nach, die es den Interessierten erlaubt, die globalen Herausforderungen selbst zu gewichten, sodass ein persönliches Ranking entsteht.
Wohltätigkeit ist keine Frage des Geldes, sondern der Gesinnung
Und welches ist nun das wohltätigste Land? Irland! Gefolgt von Finnland, der Schweiz, den Niederlanden, Neuseeland, Schweden, Großbritannien, Norwegen, Dänemark und Belgien- fast alles westliche Industriestaaten! Es ist wohl logisch, dass wohlhabende Staaten, die Stabilität genießen und ihre Bürger gut versorgt wissen, sich eher Gedanken um das globale Wohl und um Umweltschutz machen können als Krisenstaaten. Trotzdem frustrierte dieses Ergebnis Simon Anholt: „Etwas, dass ich mit diesem Ergebnis nicht herausfinden wollte war, dass es alleinige Zuständigkeit der reichen Länder sei, den ärmeren zu helfen.“ Umso mehr freute er sich darüber, dass Kenia unter den ersten 30 Ländern ist, was demonstriert, dass nicht Geld entscheidend ist, sondern vielmehr die Grundhaltung des Landes, die Kultur sowie die Gesinnung der Regierung und der Einwohner.
Anstatt einige Länder bloßstellen oder verurteilen zu wollen, geht es den Entwicklern allerdings viel mehr darum, eine Debatte um das Handeln der Staaten zu entfachen. „Die größten Herausforderungen, denen die Menschheit heutzutage gegenübersteht, sind global und grenzenlos: Klimawandel, Wirtschaftskrisen, Terrorismus, Drogenhandel, Sklaverei, Pandemien, Armut und Ungleichheit, Bevölkerungswachstum, Nahrungsmittel– und Wasserknappheit, Energie, Artenverlust, Menschenrechte, Migration… und vieles mehr. Alle dieser Probleme dehnen sich über nationale Grenzen hinweg aus, sodass internationale Bemühungen der einzige Weg sind, diese Probleme wirklich zu lösen. Die Schwierigkeit dabei ist, dass die meisten Länder sich weiterhin so verhalten, als wären sie Inseln, und sich darauf konzentrieren, innerstaatliche Lösungen für innerstaatliche Probleme zu entwickeln. Wir werden niemals voran kommen, sofern wir nicht beginnen, diese Gewohnheit zu ändern.“