„Darf’s noch eine Tüte sein?“ – 600 Milliarden Plastik-Tüten jedes Jahr

An nur einem Tag in der vergangenen Woche wurde ich dreimal gefragt: „Darf´s noch eine Tüte sein?“: In der Apotheke, beim Buchhändler und sogar am Zeitungskiosk. Ich verneinte dreimal, weil eine Tüte schlicht überflüssig war, sah aber zugleich, dass die meisten anderen Kunden die Plastik-Tüte dankend annahmen – einfach aus Gewohnheit und Unachtsamkeit. Ein Gastbeitrag von Franz Alt.

Autor*in RESET , 16.04.13

Mehr als 600 Milliarden Plastik-Tüten werden Jahr für Jahr weltweit produziert, genutzt und weggeworfen. Vielfach landen sie als Abfall in den Flüssen und schließlich in den Weltmeeren. Dort gibt es bald mehr Plastiktüten als Fische. 

In Bangladesch, China, in Australien und in einigen US-Großstädten sind Plastik-Tüten bereits verboten. Im pazifischen Staat Palau müssen Reisende, die eine Plastiktüte bei sich haben einen Dollar Strafe bezahlen. Sansibar ist noch strenger: wer hier Plastiktüten einführt oder verteilt wird mit bis zu 1.560.– Euro Geldstrafe belegt. 

In Irland wird pro Tüte eine Zwangsabgabe von 44 Cent verlangt. Seither ging der Verbrauch pro Jahr und Bürger von 328 auf 18 Tüten pro Jahr zurück – also um weit über 90 Prozent. Der Kampf gegen den zunehmenden Plastik-Müll kann also durchaus erfolgreich sein.

In Deutschland schlagen deshalb das Umweltbundesamt, die Grünen und die Umweltverbände ebenfalls eine Abgabe für Plastik-Tüten vor so wie es bereits zum Teil in Lebensmittelgeschäften gehandhabt wird. Mit einer solchen Abgabe könnte zum Beispiel die Erforschung biologisch abbaubarer Kunststoffe finanziert werden.

Die Abgabe müsste freilich ähnlich hoch sein wie in Irland, damit sich jeder Verbraucher und jede Verbraucherin fragen, ob die Tüte auch wirklich gebraucht wird. Mit den jährlich über 600 Milliarden Plastik-Tüten werden auch viele wertvolle Ressourcen verbraucht, hauptsächlich Erdöl.

Allein in Deutschland werden pro Jahr etwa sechs Milliarden Plastik-Tüten genutzt. Besser als eine nationale Regelung wäre freilich eine EU-weite Abgabe pro Tüte. Schließlich hat England einen traurigen Plastik-Rekord: Nicht mal ein Drittel des Plastiks kommt dort ins Recycling oder zum Verbrennen.

Besonders innovativ machen es jetzt die ersten Recycling-Firmen: Aus Plastik-Tüten oder Joghurt-Bechern wird wieder Erdöl zurückgewonnen. Nach ersten Erfahrungen können aus 100 Tonnen Plastik wieder 80 Tonnen Erdöl gewonnen werden.

Franz Alt ist Autor der www.sonnenseite.com.

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